Heiterkeit

Bunte Menge fröhlicher Menschen

Sind Sie ein heiterer Mensch? Lebensfroh? Oder eher ein Griesgram? Verbindet sich das Gefühl von Heiterkeit für Sie mit bestimmten Orten, Zeiten, Ereignissen? Kann man immerzu heiter sein? K&önnen Sie sich eine heitere Art des Sterbens vorstellen? Beneiden Sie heitere Menschen? Oder gehen sie Ihnen auf die Nerven? Wann haben Sie in jüngster Zeit herzlich gelacht? Wir kennen das Wort heiter aus dem Wetterbericht. Aus heiterem Himmel leitet sich eine heitere Stimmung ab. Gelegentlich freilich auch ein Blitz. "O Mensch, bleib ruhig, bleibe heiter, denn Aufregung hilft auch nicht weiter", rät eine Weisheit aus dem Volk. Dass ernste Zeiten der Heiterkeit bedürfen, eine andere. Gern wird sie in die Nähe der Gelassenheit gerückt, der angenehmsten Form des Selbstbewusstseins, wie die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach findet, und zu der hin die Schauspielerin Helen Vita dieses Rezept empfiehlt: Man darf sich nicht über Dinge aufregen, die nicht zu ändern sind. Manch einer kombiniert die beiden Tugenden als Lernender auf dem Weg zu heiterer Gelassenheit. Was nicht so einfach ist. "Was nennen Sie Gelassenheit", fragt der Dichter Gotthold Ephraim Lessing. "Die Hände in den Schoß legen? Leiden, was man nicht wollte? Dulden, was man nicht durfte?"

Der Theologe Jörg Zink spricht von einer Gelassenheit, um die her der Friede wächst, und von der Stille als dem Raum, in dem die Dinge sich klären. Der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch nennt die Gelassenheit gar einen Gott.

Heiterkeit hat viele Gründe. Einer mag das schadenfrohe Schmunzeln über ein Missgeschick sein. Wie es etwa dem Schriftsteller Michael Ende widerfuhr: "Ich hab meine besten Witze erzählt. Mein Publikum blickt nur leicht gequält. Doch Heiterkeit ohne Maß und Ziel erregte ich, als ich vom Fahrrad fiel." Heiterkeit verzeichnet das Protokoll, wenn sich ein Zeitgenosse in größerer Runde schlagfertig und geistreich behauptet. Und ein wohlgelaunter, anregender Gesellschafter kann die Atmosphäre völlig verändern. Dann springt der Funke auf den ganzen Kreis über. Ein Fest kann heiter stimmen. Dass nur der lebt, der lebend sich am Leben freut, wusste der griechische Dichter Menander schon im vierten Jahrhundert vor Christus.

Eine Wurzel der Heiterkeit ist der Glaube. Der württembergische Pfarrer Johann Albrecht Bengel rät der Seele, Gott etwas heiterer ins Gesicht zu schauen: "Was gibt das für ein neues Leben! Das kann alles umschmelzen und umgießen." "Wer Glauben hat, der zittert nicht. Er überstürzt nicht die Ereignisse, er ist nicht pessimistisch eingestellt. Er verliert nicht die Nerven. Glauben ­ das ist die Heiterkeit, die von Gott kommt", meinte der weise Papst Johannes XXIII. Sie muss dem Theologen Dietrich Bonhoeffer eigen gewesen sein, der als Mitglied der politischen Widerstandsbewegung zur Zeit des Nationalsozialismus im Konzentrationslager saß, bevor er hingerichtet wurde, und von dem Mithäftlinge oft sagten, er träte aus seiner Zelle gelassen und heiter und fest wie ein Gutsherr aus seinem Schloss. Zu beneiden ist, wer die Heiterkeit einfangen kann wie Hanns Dieter Hüsch, ohne das Wort selbst dabei zu bemühen: “Was macht, dass ich so unbeschwert und mich kein Trübsal hält? Weil mich mein Gott das Lachen lehrt wohl über alle Welt.

Hans-Albrecht Pflästerer