Ja zu einem solidarischen Europa, nein zur Judenmission

Die Beschlüsse der EKD-Synode 2016

10. November 2016

Abstimmung auf der Synode 2016. (Foto: EKD)
Abstimmung auf der Synode. (Foto: EKD)

Vier Tage lang hat die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Magdeburg beraten – zu den Themen Solidarität in Europa, Judenmission und auch Donald Trump. Das Kirchenparlament hat auf seiner am 9. November zu Ende gegangenen Tagung zahlreiche Beschlüsse gefasst. Nachfolgend die wichtigsten Entscheidungen.

Absage an die Judenmission: Die Synode hat der Judenmission eine Absage erteilt und sich damit in einer jahrzehntelangen innerkirchlichen Debatte klar positioniert. Christen seien "nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen", heißt es in der Erklärung mit dem Titel "... der Treue hält ewiglich." Zugleich wird ausgeführt, dass Menschen den Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Bekenntnissen von Christen und Juden nicht lösen können: Das "stellen wir Gott anheim", heißt es.

Das EKD-Kirchenparlament argumentiert in seiner Kundgebung bewusst theologisch. Die Delegierten berufen sich auf die "bleibende Erwählung Israels": die Überzeugung, dass Gott zunächst mit dem Volk Israel einen Bund geschlossen hat und dann mit den Christen – und beide Vereinbarungen in Treue hält. Das historische Argument, dass sich nach dem Holocaust eine Judenmission sowieso verbiete, wird in nur einem Satz angesprochen: Das Bekenntnis zu "christlicher Mitverantwortung" am nationalsozialistischen Völkermord und das damit verbundene Umdenken habe auch Konsequenzen für ein christliches Zeugnis gegenüber Juden.

Solidarität in Europa: Die evangelische Kirche will Rechtspopulisten in Deutschland und Europa deutlich entgegentreten. "Wir beziehen klar Position gegen populistische Angstmache und rechte Hetze", heißt es in einer Erklärung zur Lage in Europa, die die Synode zum Abschluss ihrer Beratungen verabschiedet hat. Die sogenannte Kundgebung zum Schwerpunktthema trägt den Titel "Europa in Solidarität – Evangelische Impulse". Man wolle mit verängstigten Menschen sprechen und den Rechten und Populisten nicht die Köpfe und Herzen derer überlassen, die aus Verunsicherung nach einfachen Antworten suchen, heißt es in dem Papier. Das Ergebnis der US-amerikanischen Präsidentenwahl mache deutlich, "dass diese Herausforderungen auch außerhalb Europas sehr große Bedeutung haben", fügten die Synodalen unter dem Eindruck des Wahlsieges von Donald Trump kurzfristig in die Erklärung ein.

Wahl in den USA: Die Synode äußerte sich bestürzt über das Ergebnis der US-Präsidentenwahl. Der designierte Präsident Donald Trump habe nicht nur "mit Parolen der Angst, des Hasses und der Ausgrenzung ganzer Menschengruppen geworben". Er habe auch die Demokratie und ihre Regeln verhöhnt. Menschen in Sorge um ihre wirtschaftliche Existenz hätten Trump ihre Stimme gegeben, konstatierte die Synode mit großer Mehrheit. Die Wähler hätten damit ihrer Verunsicherung in einer freien Gesellschaft Ausdruck verliehen. Gleichwohl bekundete das Kirchenparlament seinen Respekt vor der demokratischen Willensbildung in den USA.

Politische Kultur in Gemeinden: Vor dem Hintergrund des wachsenden politischen Einflusses von Rechtspopulisten hat die EKD in den vergangenen Jahren mehrfach die Lage in Kirchengemeinden untersuchen lassen. In Magdeburg wurde die qualitative Studie "Kirchenmitgliedschaft und politische Kultur" präsentiert. Zwar seien in Kirchengemeinden feindliche Einstellungen wie Antisemitismus, Homophobie und Islamophobie festgestellt worden, heißt es darin. Es gebe aber auch "starke Faktoren" von Widerstandfähigkeit. Da die Ergebnisse keine allgemeingültigen Aussagen zulassen, hat die Synode den Rat um regelmäßige quantitative Forschungen gebeten.

Verbindungsmodell: Die konfessionellen Bünde in der evangelischen Kirche rücken weiter zusammen. Die 120 Mitglieder zählende EKD-Synode stimmte bei fünf Gegenstimmen für die Zusammenführung der Kirchenämter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), der Union Evangelischer Kirchen und der EKD. Zuvor hatten die Vollversammlung der UEK einstimmig und die Generalsynode der VELKD mehrheitlich für die Zusammenführung der Ämter gestimmt. Einige Synodale aus lutherischen Landeskirchen tun sich schwer mit der Zusammenführung im Rahmen des sogenannten Verbindungsmodells. In der VELKD-Generalsynode war über juristische Fragen teils äußerst kontrovers diskutiert worden.

Reformprozess: Vor zehn Jahren startet der Reformprozess "Kirche im Aufbruch". Das EKD-Kirchenamt legte der Synode eine Zwischenbilanz vor, in der deutlich wurde, dass die tiefgreifenden Veränderungs- und Fusionsvorschläge der EKD bei den Landeskirchen auf erheblichen Widerstand gestoßen sind. Dennoch wurden bis heute viele Strukturen verschlankt. Künftig sollten aus Sicht des Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm inhaltliche Fragen statt Strukturen im Mittelpunkt stehen. Mögliche Reformthemen sind aus Sicht des EKD-Kirchenamtes das Berufsbild des Pfarrers, die Gestalt von Kirche und ihrer Gemeinden, das kirchliche Handeln in der Welt und die theologische Profilierung des diakonischen Engagements. Die neue Reformagenda soll im Anschluss an die Feiern zum Reformationsjubiläum auf den Weg gebracht werden, die am 31. Oktober 2017 mit dem 500. Jahrestag des Thesenanschlags durch Martin Luther ihren Höhepunkt und Abschluss finden.

Haushalt: Die EKD kann mit Ausgaben von 215,9 Millionen Euro planen. Der Zuwachs um rund 8,7 Prozent im Vergleich zum laufenden Jahr erklärt sich vor allem mit den Feiern zum 500. Reformationsjubiläum. Wichtigste Finanzierungsquelle für die EKD ist eine von den Landeskirchen aufzubringende allgemeine Umlage. Diese steigt um fünf Prozent auf 86,4 Millionen Euro. 

Reformationsjubiläum: Die Synode lässt die Wirkung des Festjahres zum 500. Reformationsjubiläum genau unter die Lupe nehmen. Rund 30 sogenannte Scouts aus allen Bereichen der Zivilgesellschaft und der Kirche sollen im Jubiläumsjahr selbstgewählte Veranstaltungen beobachten und ihre Eindrücke festhalten. In den Beobachterkreis sollen unter anderem Wissenschaftler, Kulturschaffende, Journalisten und Politiker aufgenommen werden. Auch Menschen ohne religiöse Bindung wollen die Protestanten als Beobachter gewinnen. Unmittelbar nach Ende des Festjahres am 31. Oktober 2017 sollen die Beobachtungen der Scouts in einem Bericht zusammengefasst und der im November in Bonn tagenden Synode vorgelegt werden.

Bibel-App: Die Synode wünscht sich, dass die zunächst bis zum 31. Oktober nächsten Jahres kostenfreie App der neuen Lutherbibel auch darüber hinaus nichts kosten soll. Der Rat der EKD möge darüber mit der Deutschen Bibelgesellschaft ins Gespräch kommen.

Antragsrecht für Jugenddelegierte: Die Synode hat den acht Jugenddelegierten in ihren Reihen das Antragsrecht zugesprochen. Die Jugenddelegierten werden auf Vorschlag der evangelischen Jugendverbände und der Studierendenarbeit vom Präsidium ernannt. Bislang hatten sie nur Rederecht im Kirchenparlament, ihre Anliegen kamen nur dann zur Abstimmung, wenn sie sich ein Synodaler zu eigen gemacht hat. Stimmrecht haben die Jugenddelegierten weiterhin nicht.

Klimaschutz: Die evangelische Kirche dringt darauf, dass die Bundesregierung umgehend einen "ambitionierten Klimaschutzplan 2050" verabschiedet. Für den weltweiten Klimaschutz sei der zügige und konsequente Ausstieg aus fossiler Energieerzeugung von entscheidender Bedeutung. Deutschland trage dabei eine besondere Verantwortung, es werde weltweit immer noch als "Land der Energiewende" wahrgenommen.

Kinderbetreuung: Das Kirchenparlament möchte, dass mehr Geld des Bundes in Kindertagesstätten fließt. Freie Träger, darunter viele Kirchengemeinden und diakonische Einrichtungen, gerieten in finanzielle Notlagen.

epd