"Soviel Du brauchst": Kirchentags-Song vorgestellt

Im Interview: Dieter Falk und Mic Donet

Dieter Falk, Jahrgang 1959, ein deutscher Musikproduzent, Keyboarder, Arrangeur und Komponist. Bereits während des Musik-Studiums beschäftigte er sich mit Religöser Musik. Später begleitete er viele berühmte deutsche Musikerinnen und Musiker und produzierte ab 1990 unter anderem die Gruppe Pur. Bereits seit vielen Jahren gestaltet er musikalisch die Kirchentage mit. In Dresden wurde das Pop-Oratorium "Die 10 Gebote" aufgeführt, und neben der Komposition von Mic Donets Kirchentagssong gestaltet er in Hamburg gemeinsam mit seinen Söhnen eine musikalische Bibelarbeit. Mic Donet, Tänzer, Sänger und Songwriter hat für diesen Kirchentagssong den Text beigesteuert. Nach einer Jugend im CVJM bezeichnet er sich heute als Freigeist, der aber die Kirche für eine wichtige Säule der Gesellschaft hält.

kirchentag.de: Ist Religion bzw Kirche wichtig für eine Gesellschaft? Und für Sie persönlich?

Dieter Falk: Ohne Kirche wäre ich kein Musiker geworden. In der Kirche fand ich meine erste Bühne, die erste Band, den ersten Gospelchor. Kirche ist eine prägende Kraft von Kultur und hat darüber hinaus gesellschaftlich immer noch eine mächtige Stimme, wenn sie sich - bei allem Pluralismus - darauf besinnt, Werte, Maßstäbe und Leitlinien verantwortungsbewussten Lebens zu benennen. Und zwar mit einer grossen gemeinsamen Stimme z.Bsp. auch auf dem Kirchentag. Dann wird sie gehört.
Mic Donet: Ich denke das Religion wie auch Kirche durchaus wichtig sein können für eine moderne leistungsorientierte Gesellschaft, die sich sehr nach außen lebt und zunehmend das „Innen“ vernachlässigt. Vieles an ethischen Werten scheint in den Hintergrund zu treten. Viele Menschen verlieren den Halt weil wir vergessen, dass wir doch geistige und soziale Wesen sind und keine Roboter. Hier stellt die Kirche für mich eine sinnvolle Institution dar als Leitfaden und Hilfestellung für Sinnsuchende und Bedürftige. Ich selbst bin kein Kirchengänger aber dennoch spielte Kirche und Religion eine gewisse Rolle in meine Jugend. Ich war lange Zeit Mitglied im CVJM. Auch in späteren Jahren hatte ich mich intensiv mit der christlichen Lehre beschäftigt…Dennoch würde ich mich wohl eher als „Freigeist“ bezeichnen.

kirchentag.de: Der Song beschäftigt sich mit der Losung soviel du brauchst: Was brauchen Sie? Kann bzw sollte man zum Beispiel gesetzlich festlegen, was jede und jeder braucht? Wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht?

Dieter Falk: Trotz aller Vorbehalte bzgl. staatlicher Überregulierung : ein sinnvoller gemeinsamer Wert ist z.Bsp. ein gesetzlicher Mindestlohn wie er derzeit diskutiert wird. Vieles spricht dafür, vor allem aber, dass der Mindestlohn ein Zeichen des Respekts für geleistete Arbeit ist.
Mic Donet: Grundsätzlich halte ich mich für einen sehr genügsamen Menschen. Ich brauch nur ein Dach über’m Kopf und meine Musik ;) Natürlich leiste ich mir ab und zu auch mal mehr als ich eigentlich bräuchte. Aber ich finde das ist legitim solange man sich dessen bewusst ist. Allgemein gesprochen denke ich, dass wir doch gerade in Deutschland schon lange sehr bemüht sind um ein gesetzliches Auffangsystem für den sozial Schwachen. Natürlich ist die aktuelle Debatte um einen gesetzlichen Mindestlohn nicht verkehrt. Dennoch finde ich, verglichen mit dem Rest der Welt gehen wir als kapitalistisches Land immer noch mit sehr gutem Beispiel voran...

kirchentag.de: Beschäftigen sich Jugendliche mit Fragen nach dem Sinn des Lebens, mit der Frage, was sie für ein so genanntes gutes Leben brauchen und woran machen Sie das fest?

Dieter Falk: Ich entdecke zwei Gruppen von Jugendlichen : zum einen die, die religiös und spirituell ansprechbar sind und sich die Sinnfrage, auch die religiöse stellen. Zum anderen die Pragmatiker, die ihr Leben alltagspraktisch anpassen und nicht an Weltanschauungen und Dogmen ausrichten. Letzteren sind Glück, Bedürfnisbefriedigung und Wohlstand die Hauptanliegen und erst eine dramatische Verschlechterung der Lebensumstände würde die Sinnfrage vermutlich neu stellen.
Mic Donet: Ich kann mir vorstellen, dass es Jugendliche heute tendenziell schwerer haben einen Zugang zu Ihrer Spiritualität zu finden. Wir erleben gerade eine massiv medial gesteuerte Welt, die sich in einem enormen Tempo bewegt. Tag für Tag erleben wir eine Flut von Informationen die unser Gehirn verarbeiten muss. Ständig ist man erreichbar und wir kommunizieren auf verschiedenste Art und Weise wobei sich das persönliche Gespräch eher zu den selteneren Formen der Kommunikation entwickelt hat. D.h. der Großteil des sozialen Lebens der heutigen Jugend spielt sich im virtuellen Raum ab. Im Netz. Der soziale Kontakt rückt mehr und mehr in den Hintergrund. Denkbar dass viele schlicht und einfach zu abgelenkt sind, um in sich selbst zu gehen geschweige denn die Frage nach dem Sinn des Lebens oder einem Gott zu stellen. Dennoch beobachte ich, dass u.a. auch viele christlichen Gemeinden enormen Zulauf bekommen. Auch ich selbst begegne immer wieder Jugendlichen die schon sehr bewusst durch’s Leben gehen auf der Suche nach dem großen Ganzen. Bleibt also abzuwarten. Die Jugend hat schon immer einen Weg gefunden.

kirchentag.de: Wen soll der Song erreichen und was soll er bewirken?

Dieter Falk: In unserem Song geht's um das Teilen, um Empathie und die Wahrnehmung der Aussage "Soviel du brauchst". Mit wenig, oder weniger auskommen ist eine Geisteshaltung, die ich mir gerade für die zuletzt beschriebene zweite Gruppe von Menschen wünschen würde. Dazu kann ein Song ein Anstoß sein.
Mic Donet: Unser Song spricht ein ganz einfache Sprache. Er richtet den Blick auf ca. 95% der Weltbevölkerung der es schlechter geht als uns. Darum packe ich mich auch an der eigenen Nase und versuche mich immer wieder daran zu erinnern, dass ich ein gesegnetes Leben führen darf bevor ich anfange mich zu beschweren.

kirchentag.de: Sie engagieren sich auf dem Kirchentag, bieten eine Bibelarbeit an – ist das zeitgemäß? Haben Musik und Religion etwas miteinander zu tun?

Dieter Falk: Wenn man immer das tun würde, was quasi zeitgemäss, "hip" und "cool" ist, läuft man letztlich Trends hinterher und schwimmt im Sog mit. Solange ich mich erinnern kann, war Kirche diesbezüglich nie "trendy". Wie eingangs schon gesagt, ist es meine persönliche Biographie, die mich mit Kirche in Verbindung bringt. Vor allem mit Menschen in Verbindung bringt, die mich - auch in meinem Beruf als Musiker - begleiten. Die Erfahrung mit über 15.000 Chorsängern/innen bei unserem Pop-Oratoriums "Die 10 Gebote" hat mich gerade in den letzten zwei Jahren darin bestärkt, dass Musik und Religion (ohne dogmenhaften Zeigefinger) bestens zusammen funktionieren können. Auch deshalb bin ich gerne in Hamburg dabei.

Mit freundlicher Genehmigung von kirchentag.de