"Erinnern und Gedenken ist Rettung"

Rat der EKD in Yad Vashem

18. Dezember 2013

Yad Vaschem (Israel)

Zweimal musste die Delegation des Rates der EKD den Besuch in der Gedenkstätte Yad Vashem verschieben. Wegen des überraschenden Wintereinbruchs war das Memorial bei Jerusalem an den ersten Tagen der Reise des Rates der EKD ins Heilige Land geschlossen. Am 17. Dezember konnte der Besuch stattfinden, auch wenn weite Teile des Geländes noch immer im tiefen Schnee versanken und nicht begehbar waren. Nach dem Besuch sprach Nikolaus Schneider vor der Delegation diese Worte:

Erinnern und Gedenken rettet das Gewesene vor dem Tod des sprachlosen und des beziehungslosen Vergessens. Das Geschehene ist der Rede wert. Geschehene Verbrechen und geschehene Schuld sind unsere Tränen wert.

Die Gegenwart und die Zukunft dieser Erde brauchen unser Erinnern und unser Gedenken – auch wenn alte Wunden wieder neu aufgerissen werden, und auch wenn vergangene Schuld uns wieder neu beschämt.

Denn wie es ein Gedicht von Rose Ausländer uns ins Gedächtnis ruft:

„Was vorüber ist
ist nicht vorüber
Es wächst weiter
in deinen Zellen
ein Baum aus Tränen
oder vergangenem Glück“

Die Verbrechen und die Versäumnisse unserer Väter und Mütter während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Deutschland sind „vorüber und nicht vorüber“, sie „wachsen weiter in unseren Zellen“.

Wir müssen sie erinnern und zur Sprache bringen, damit sie uns nicht vergiften. Nur wenn wir sie auch in uns, in unseren Kindern und Kindeskindern als „Bäume der Tränen“ wachsen lassen, können auch Bäume der Vergebung und der Versöhnung in uns und für uns Wurzeln schlagen.

„Gib mir die gabe der tränen Gott
gib mir die gabe der sprache
gib mir das wasser des lebens“

so hat Dorothee Sölle uns beten gelehrt angesichts all der Verbrechen, des Unrechts und der Gewalt, in die wir mit unserer Geschichte und mit unserem eigenen Tun und Lassen hineinverwoben sind.

Wir brauchen die Gabe der Tränen. Wir brauchen die Gabe der Sprache. Damit unser Erinnern und Gedenken an diesem Ort für uns zum Wasser des Lebens werden kann.