EKD: Vatikan-Dokument brüskiert Ökumene

Huber: Vertane Chance

Hannover (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat das neue Vatikan-Dokument zum katholischen Kirchenverständnis als Brüskierung der Ökumene bezeichnet. Die in Rom vorgelegten "Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche" der Glaubenskongregation seien eine "vertane Chance", erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber am Dienstag in Hannover. Nach wie vor würden evangelische Kirchen abgewertet. Die Hoffnung auf einen positiven Wandel der Ökumene sei "erneut in die Ferne gerückt".

Huber kritisierte vor allem, dass das neue Dokument insbesondere den Kirchen der Reformation die Anerkennung als "Kirchen im eigentlichen Sinn" erneut verweigere. Damit erweise es sich als "unveränderte Neuauflage der anstößigen Aussagen" der umstrittenen Vatikan-Erklärung "Dominus Iesus". In vollem Bewusstsein der innerkatholischen wie der ökumenischen Diskussion seit dem Jahr 2000 würden die damaligen Aussagen wiederholt. Huber: "Von Fahrlässigkeit kann niemand mehr sprechen; es handelt sich um Vorsatz."

In den vergangenen Jahren seien viele Vorschläge gemacht worden, um die anstößige Ausdrucksweise zu überwinden, reformatorische Kirchen seien "nicht Kirchen im eigentlichen Sinn", so Huber. "Es würde ja auch vollständig reichen, wenn gesagt würde, die reformatorischen Kirchen seien 'nicht Kirchen in dem hier vorausgesetzten Sinn', oder sie seien 'Kirchen anderen Typs'", bekräftigte der Berliner Bischof. Aber keine dieser Brücken seien vom Vatikan betreten worden. Insofern seien diese "Antworten" eine vertane Chance.

Die Einsicht, dass ökumenische Fortschritte wechselseitigen Respekt für das "Kirchesein des ökumenischen Partners" voraussetzen, bleibe in dem neuen Dokument unberücksichtigt, fügte Huber hinzu. Er hoffe, dass die ökumenische Sensibilität, von der die Beziehungen zwischen den christlichen Kirchen in Deutschland weithin geprägt seien, sich dennoch bewahren lasse. Die römischen "Antworten" jedoch ließen einen tieferen Sinn für die Relativität des eigenen Standpunkts vermissen. "Dadurch wirken sie ökumenisch brüskierend."

Der Gedanke freilich, auch der römisch-katholischen Kirche könnten Elemente fehlen, die anderen Kirchen wichtig sind, erhalte in dem neuen Dokument keinen Raum, kritisierte Huber. Als Beispiel nannte er den Respekt vor der Urteilsfähigkeit der Gemeinden, der gleiche Zugang von Frauen zum geistlichen Amt oder die Einsicht in die Fehlbarkeit des kirchlichen Lehramts.

10. Juli 2007

Stellungnahme des Ratsvorsitzenden der EKD, Bischof Wolfgang Huber, zu der Veröffentlichung der römischen Kongregation für die Glaubenslehre "Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche"


Vatikan betont Abgrenzung von Protestanten

Glaubenskongregation veröffentlicht Dokument zum Kirchenverständnis

Vatikanstadt (epd). Der Vatikan hat am Dienstag ein neues Dokument über das eigene Kirchenverständnis veröffentlicht, in dem sich die katholische Kirche erneut von den Protestanten abgrenzt. Nur in dieser bestehe die von Jesus Christus begründete Kirche weiter, betont die Glaubenkongregation in fünf "Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche". Der Vatikan wolle aber an der Ökumene festhalten, wurde bekräftigt.

Das vorliegende Schreiben sei auf Grund von "irrigen Interpretationen" des Zweiten Vatikanischen Konzils der sechziger Jahre nötig geworden, heißt es. Papst Benedikt XVI. habe die vom Präfekten der Kongregation, Kardinal William Levada, unterzeichneten Antworten "gutgeheißen, bestätigt und deren Veröffentlichung angeordnet".

Entgegen auch unter katholischen Theologen verbreiteten Interpretationen habe das von Papst Johannes XXIII. einberufene Konzil keine Wende im Kirchenverständnis eingeläutet. "Das Zweite Vatikanische Konzil wollte diese Lehre nicht verändern, es wollte sie vielmehr entfalten, vertiefen und ausführlicher darlegen."

Den aus der Reformation hervorgegangenen christlichen Gemeinschaften könne nach katholischem Verständnis kein Kirchenstatus zuerkannt werden, heißt es in dem vom Sekretär der Kongregation, Erzbischof Angelo Amato, mitunterzeichneten Dokument. Grund sei die fehlende "apostolische Sukzession im Weihesakrament".

Ohne sakramentales Priestertum gebe es jedoch keine "vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums", so das Papier. Da die Orthodoxen im Unterschied zu den Protestanten "trotz ihrer Trennung wahre Sakramente besitzen", seien sie als Kirchen anzuerkennen.

In einem gleichzeitig veröffentlichten offiziellen Kommentar rechtfertigt der Vatikan die Lehre, nach der die von Christus gegründete Kirche nur in der katholischen weiter besteht, mit der "Sorge um die Wahrung der Einheit und der Einzigkeit der Kirche". Diese ginge verloren, "wenn man annehmen würde, dass es mehrere Subsistenzen der von Christus gegründeten Kirche gäbe". Bereits im Jahr 2000 hatte sich Rom mit der Erklärung "Dominus Iesus" klar von den Protestanten abgegrenzt.

Das neue Dokument der Glaubenskongregation verbreite keine neuen Lehren, sondern rufe "mit Klarheit die katholische Lehre über die Kirche in Erinnerung", heißt es in dem offiziellen Kommentar. Es biete "wertvolle Hinweise" für die Ökumene, die weiterhin zu den Hauptanliegen der katholischen Kirche gehöre. Für einen konstruktiven Dialog ist dem offiziellen Kommentar zufolge jedoch "neben Offenheit für die Gesprächspartner Treue zur Identität des katholischen Glaubens" nötig.

10. Juli 2007

Stellungnahme des Ratsvorsitzenden der EKD, Bischof Wolfgang Huber, zu der Veröffentlichung der römischen Kongregation für die Glaubenslehre "Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche"


Ökumene-Experte Weber: Trauer über Vatikan-Papier

Braunschweig (epd). Der Ökumene-Experte der lutherischen Kirchen, Bischof Friedrich Weber, hat dem Vatikan vorgeworfen, sich mit seiner Lehre immer weiter von der Realität der Ökumene zu entfernen. Wenn in den am Dienstag veröffentlichten "Antworten" der Glaubenskongregation zum wiederholten Male den Protestanten der Status einer Kirche abgesprochen werde, dann werde das in vielen Gemeinden auf Unverständnis stoßen, erklärte der braunschweigische Landesbischof. Es bleibe die Frage, warum dieses Signal jetzt und immer wieder gesendet werde.

Weber sagte, man könne auf das Dokument mit Zorn oder Unverständnis reagieren. Ihn mache der Text eher traurig. Die "Antworten" seien nicht neu. Sie richteten sich vor allem gegen Personen in der eigenen Kirche, die sich auf dem Feld der Ökumene zu weit vorwagten. Weber weist darauf hin, dass in neueren Entwürfen auch katholische Theologen die Einzigartigkeit und Einzigkeit der katholischen Kirche hinterfragten. Selbst Kardinal Walter Kasper habe von verschiedenen Kirchentypen gesprochen.

Es sei schade, wie sich die vatikanische Theologie selbst isoliere, meint der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Das Dokument aus Rom unterstreiche deshalb die Dringlichkeit, zunächst die Fragen ökumenischer Hermeneutik und Methodik aufzugreifen. Dafür habe die Einschätzung des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, ein Gespür. Darin liege in aller Trauer doch auch wieder ein gutes Maß Hoffnung.

10. Juli 2007

VELKD-Pressemitteilung "Ein Signal, das nicht weiter bringt"

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