Kirchen rufen wegen Ladenschluss Bundesverfassungsgericht an

Huber: Sonntagsöffnungszeiten dürfen keine Schule machen

Berlin/Karlsruhe (epd). Die beiden großen Kirchen in Berlin rufen wegen der deutlich erweiterten Ladenöffnungszeiten das Bundesverfassungsgericht an. Dieser Schritt sei unumgänglich, nachdem besonders die Bundeshauptstadt per Gesetz den verfassungsrechtlich verankerten Sonntagsschutz ausgehöhlt habe, erklärten der evangelische Bischof Wolfgang Huber und Kardinal Georg Sterzinsky am Montag in Berlin.

Die Berliner Regelung mit zehn verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr, davon alle vier Adventssonntage, sei "unverhältnismäßig" und dürfe keine Schule machen, argumentierte Huber. Dabei gehe es den Kirchen um eine Grundsatzdebatte. Nachdem alle Versuche auf politischer Ebene gescheitert seien, das in einem parlamentarischen "Hau-Ruck-Verfahren" beschlossene Berliner Gesetz noch zu stoppen, sei der Schritt zur Verfassungsbeschwerde notwendig geworden.

Dabei werden die Kirchen vor Gericht auf den Sonntag als grundgesetzlich geschützten "Tag der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung" abheben, ergänzte Kardinal Sterzinsky. Das vom Berliner Senat vorgebrachte Argument, die Ladenöffnungszeiten beschränkten sich auf die Sonntagnachmittage und damit auf einen Bereich außerhalb der Hauptgottesdienstzeiten, hält er für untauglich. Das Grundgesetz kenne keinen nach Tageszeit abgestuften verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutz, so der Erzbischof.

Bischof Huber sieht zudem durch die Berliner Regelung die Religionsfreiheit verletzt. Diese gelte laut Verfassung nicht nur für den einzelnen Menschen, sondern auch für die Religionsgemeinschaften. Die 1.700 Jahre alte Kopplung von Gottesdienst und freiem Tag zur Disposition zu stellen, sei ein "kulturelles Unglück", sagte Huber. Die Verfassungsbeschwerde von Landeskirche und Bistum wird auch von der Evangelischen Kirche in Deutschland und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz unterstützt.

Der Berliner Senat reagierte zurückhaltend auf den Schritt der Kirchen. "Es steht jedem frei, seine Rechte wahrzunehmen", sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer dem epd. Die erweiterten Ladenöffnungszeiten würden von den Menschen angenommen und seien als Erfolg zu werten. Als aussichtslos bezeichnete Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) die Verfassungsbeschwerde. "Ich weiß nicht, ob die Kirchen klug beraten sind, das zu machen", sagte er dem epd am Montag in Brandenburg an der Havel.

11. Juni 2007

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