EKD-Synode beginnt mit dem Aufruf zum Widerstand gegen Rechtspopulismus

Kirchenparlament will Erklärung zur Judenmission verabschieden

7. November 2016

Plenum der EKD-Synode im Magdeburg mit Kirchenpräsident Volker Jung und Bischöfin Kirsten Fehrs im Vordergrund
Bischöfin Kirsten Fehrs und Kirchenpräsident Volker Jung, beide Mitglieder des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, im Plenum der EKD-Synode in Magdeburg. (Foto: epd-Bild/Norbert Neetz)

Magdeburg (epd). Debatten über Rechtspopulismus und die seit Jahren innerkirchlich umstrittene Judenmission haben den Auftakt der Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bestimmt. Weltweit würden rechtspopulistische Bewegungen Ängste schüren, das politische Klima vergiften und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm am 6. November vor dem Kirchenparlament in Magdeburg: "Wir müssen klare Kante zeigen gegenüber allen Versuchen, völkisches Gedankengut und rechtsextremistische Kampfrhetorik in unserem Land wieder salonfähig zu machen." Am Abend legte das Synodenpräsidium einen Antrag vor, der eine klare Absage an die Judenmission zum Ziel hat.

In seinem Ratsbericht hatte sich Bedford-Strohm am Vormittag auch gegen hasserfüllte Kommunikation im Internet gewandt. "Nicht das Gespräch oder der Diskurs mit anderen wird gesucht, sondern eine militante Verstärkung der eigenen Vorurteile und des eigenen Hasses", sagte er. Echte Kommunikation werde zum Versiegen gebracht.

Mit Bildung gegen Fremdenfeindlichkeit

"Es geht nicht um Diskussionsverbote. Um Hetzverbote geht es aber schon", betonte der EKD-Ratsvorsitzende, der selbst auf einer eigenen Facebook-Seite sehr aktiv ist und zudem einen Twitter-Account hat. Wer unter dem "Deckmantel der Meinungsfreiheit" gegen andere hetzt, müsse gestoppt werden.

Die Präses der Synode, Irmgard Schwaetzer, räumte vor den 120 Synodalen ein, dass es auch unter Kirchenmitgliedern fremdenfeindliche Ansichten gebe. Darauf weise eine von der EKD in Auftrag gegebene qualitative Studie hin. Klar sei, dass die Synode "besser verstehen müsse, wie es zu solchen Erscheinungen in unseren Gemeinden kommen kann" und wie die Kirche dem mit Hilfe von Bildung entgegenwirken könne. Schon jetzt sei deutlich geworden, dass Gemeinden, in denen Tabus aufgebaut würden, anfälliger für solche Tendenzen seien als Gruppen, in denen transparent diskutiert werde.  

Schwaetzer rief die Christen zudem dazu auf, in der zum Teil sehr emotional geführten Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen demokratische Umgangsformen einzufordern. "Auch uns kann der Zustand der Demokratie nicht egal sein", sagte die Vorsitzende des Kirchenparlaments. Am 7. November wollen die Synodalen unter dem Motto "Europa in Solidarität" auch über die Rolle der europäischen Kirchen im Umgang mit Flüchtlingen diskutieren.

Klare Absage an die "sogenannte Judenmission"

Auf der bis zum 9. November dauernden EKD-Jahrestagung wollen die Delegierten auf Initiative des Präsidiums zudem den Schlussstrich unter einen jahrelangen Streit ziehen, ob Christen zur Mission von Juden aufgerufen sind. Dem Beschlussvorschlag des Synodenpräsidiums zufolge will die evangelische Kirche der "sogenannten Judenmission" eine klare Absage erteilen. Christen seien "nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen", heißt es im Entwurf.

Zugleich bekennen die Verfasser, dass Menschen den Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Bekenntnissen von Christen und Juden nicht lösen können: Das "stellen wir Gott anheim", heißt es.

Es gehe um eine "Absage an alle Formen des Glaubenszeugnisses, die auf Bekehrung von Juden ausgerichtet sind", sagte Vizepräses Klaus Eberl, der den Entwurf vorstellte. Die Verabschiedung der Erklärung durch die Synode "wäre ein vertrauensbildendes Signal, auch für den christlich-jüdischen Dialog", sagte Eberl.

"Bleibende Erwählung Israels"

Nachdem sich die EKD-Synode im vergangenen Jahr vom Antijudaismus des Reformators Martin Luther klar distanziert hatte, kam die Forderung auf, sich noch vor dem 500. Reformationsjubiläum auch zur Judenmission zu positionieren. Die Verfasser des Entwurfs argumentieren hauptsächlich theologisch und berufen sich auf die "bleibende Erwählung Israels": die Überzeugung, dass Gott zunächst mit dem Volk Israel einen Bund geschlossen hat und dann mit den Christen - und beiden Vereinbarungen in Treue hält: "Ein christliches Glaubenszeugnis, das darauf zielt, Juden zum Glauben an Jesus als Christus zu bekehren, widerspricht dem Bekenntnis zur Treue Gottes und der Erwählung Israels."

Der Entwurf muss nun diskutiert werden. Änderungsvorschläge kamen von dem Synodalen und Vorsitzenden des pietistischen Evangelischen Gemeinschaftsverbands Württemberg, Steffen Kern. Er wollte vor allem den Begriff "christliches Zeugnis" anders definiert wissen.

epd