Gott mit uns? Eine Veranstaltungsreihe zum Ersten Weltkrieg in Karlsruhe

Projekt des Monats August der Internetplattform „Kirche im Aufbruch“

01. August 2014

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„Kein Volk wird mehr das andere angreifen und niemand lernt mehr das Kriegshandwerk.“. Diese Verheißung des Propheten Micha steht über dem Monat August im Themenjahr „Reformation und Politik.“

Am 22. Juni 1916 erlebte Karlsruhe den ersten großen Luftangriff des Ersten Weltkriegs. Die französischen Fliegerbomben schlugen in ein Wohnviertel und im Zelt des Zirkus Hagenbeck ein. 120 Tote waren zu beklagen, darunter 71 Kinder, die die Zirkus-Vorstellung besucht hatten. An dieses Ereignis erinnerte die evangelische Kirche in Karlsruhe in einer ökumenischen Gedenkveranstaltung. Bereits vor Ostern hatten Pfarrer Dirk Keller und sein Team am Ort des Bombardements Mohnblumensamen ausgesät. Mohnblumen stehen in besonderer Weise für das im Ersten Weltkrieg vergossene Blut, aber auch für die Hoffnung, dass das Leben weitergeht. Das Bild nimmt Bezug auf ein Gedicht des kanadischen Lieutenants Colonel John McCrae. Die erste Strophe lautet:

Auf Flanderns Feldern blüht der Mohn
Zwischen den Kreuzen, Reihe um Reihe,
Die unseren Platz markieren; und am Himmel
Fliegen die Lerchen noch immer tapfer singend
Unten zwischen den Kanonen kaum gehört.

(Das ganze Gedicht finden Sie hier)

Die Gedenkfeier in Karlsruhe war Teil der Veranstaltungsreihe „Gott mit uns“. Im Rahmen der Europäischen Kulturtage lud die evangelische Kirche dazu ein, der Frage nachzugehen, wie evangelische Christen und Gemeinden den Krieg erlebt und gedeutet und wie sich Glaube und Moral dadurch gewandelt haben. Zentraler Bestandteil der Reihe neben etlichen anderen Gottesdiensten und Veranstaltungen war die Ausstellung „Krieg! - in Gottes Namen?“ Wie geschlossen stand die Evangelische Kirche in der allgemeinen nationalen Begeisterung und Mobilmachung? Welche Debatten, Positionen und Gegenstimmen gab es?

Die Ausstellung präsentiert Stimmen von ausgewählten Personen. Unter ihnen sind der Mannheimer Arbeiterpfarrer Ernst Lehmann und der kulturprotestantisch gesinnte Prediger der Karlsruher Christuskirche, Franz Rohde. Eine besondere Quelle sind die Karlsruher Kriegserinnerungen der Komponistin Clara Faisst, die ein Tagebuch voller genauer Beobachtungen hinterlassen hat.

Am Pfingstsamstag, 27. Mai 1944 kurz nach 13 Uhr wurden die Stadtkirche und große Teile der Innenstadt Ziel eines schweren Bombenangriffs. 1962 wurde Benjamin Brittens "War Requiem" zur Einweihung der neuerbauten Kathedrale von Coventry uraufgeführt. Die Totenmesse in Verbindung mit den Texten und Gedichten von Winfried Owen, der 1918 bei Ors in Frankreich gefallen ist, ließen zum Abschluss der Kulturtage ein Spannungsgefüge entstehen zwischen hoffnungsvollem Gebet und Anklage gegen die Sinnlosigkeit des Krieges.