"Dem Rad in die Speichen fallen"

Vor 60 Jahren wurde Dietrich Bonhoeffer hingerichtet

29. März 2005


Am frühen Morgen des 9. April 1945 ist der Gefängnishof des Konzentrationslagers Flossenbürg bei Regensburg schon hell erleuchtet. Sieben Nazi-Gegner werden aus ihren Zellen geführt. Unter ihnen ist auch ein Pastor: Dietrich Bonhoeffer. Die Gefangenen hören, was ein NS-Standgericht beschlossen hat: Todesurteil wegen Hochverrats. Bonhoeffer kann noch kurz beten. Dann muss er die Treppe zum Galgen besteigen. «Ich habe kaum je einen Mann so gottergeben sterben sehen», notiert der Lagerarzt später.

Schon früh warnt er vor den Gefahren des Nazi-Regimes. In einer Berliner Rundfunk-Rede spricht er bereits zwei Tage nach der Machtübernahme 1933 davon, dass der «Führer» zum «Verführer» werden könne. Im April 1933 erwägt er unter dem Eindruck der Judenverfolgung die Möglichkeit, «nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen». Doch nur wenige Kirchenleute folgen dem jungen und kompromisslosen Nazi-Gegner in dieser Einschätzung.

Bonhoeffer wurde nur 39 Jahre alt. Und doch hat kaum ein evangelischer Theologe des 20. Jahrhunderts so tief in Kirche und Gesellschaft hinein gewirkt wie er. Straßen und Schulen, Kirchen und Gemeindehäuser tragen heute seinen Namen. Ein Kino-Film erzählt seine Geschichte. Sein leidenschaftlicher Protest gegen die Nationalsozialisten, seine aktive Rolle im Widerstand gegen Hitler, seine Bücher und sein Märtyrertod vor 60 Jahren finden weit über die deutschen Grenzen hinaus Beachtung.

Heute ist Bonhoeffer über alle kirchlichen Lager hinweg eine Integrationsfigur. Der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Wolfgang Huber, hat oft darüber nachgedacht, was wohl aus Bonhoeffer geworden wäre, wenn er den Krieg überlebt hätte - vielleicht Bischof, Professor oder Politiker. Sicher sei eines, sagt Huber: «Er hätte weitergedacht.»

Interview des EKD-Ratsvorsitzenden mit dem epd