Pressekonferenz zum Jahr der Bibel 2003

Statement von Karl Kardinal Lehmann, Vorsitzender der DBK

29. April 2002

Das Jahr der Bibel 2003 ist ein herausragendes ökumenisches Ereignis. Christen aller Konfessionen in unserem Land besinnen sich auf die Quellen ihres Glaubens. Das Jahr der Bibel 2003 will aber nicht nur die Selbstbesinnung der Christen auf die für sie lebensentscheidenden Glaubenszeugnisse früherer Jahrhunderte fördern, sondern ist Angebot an alle Menschen, die heute nach dem Sinn des Lebens fragen.

Ein Blick in die Entstehungsgeschichte der Heiligen Schrift zeigt, dass die Menschen in den alltäglichen Ereignisse ihres Lebens immer auch so etwas wie eine Botschaft Gottes verstanden haben. Die außerordentlich dichten Texte des Alten Testamentes geben hiervon ein starkes Zeugnis. Gelungenes und zerbrochenes Leben, Heiligkeit und Schuld, massive gesellschaftliche Erschütterungen, ja sogar kriegerische Auseinandersetzungen der Völker, werden im Blick auf den einen und wahren Gott und seine Lebens- und Liebeszusage an den Menschen gedeutet. Die Heilige Schrift ist ein Zeugnis des Ringens des Menschen um Offenheit für Gottes Willen und Treue zu Gottes Wort. Die Bibel hat uns nach dem 11. September des vergangenen Jahres überhaupt wieder zur Sprache verholfen.

Die Bibel ist ein weltweit verbreitetes Buch, das zu Teilen in über 2.000 Sprachen übersetzt ist. Allein das Neue Testament ist in über 1.000 Sprachen weltweit lesbar. Diese Verbreitung zeigt, dass die Kraft des Zeugnisses von Leben, Tod und Auferstehung Jesu Zugang in die unterschiedlichsten Kulturräume unserer Erde gefunden hat. Wir wissen, dass vor der Schriftwerdung der Botschaft Frauen und Männer zum Glauben an Jesus Christus kamen, diesen Glauben verkündeten und christliche Gemeinden bildeten. Diese einmalige Botschaft des Glaubens findet ihren schriftlichen Niederschlag in den Texten des Neuen Testamentes, die damit auch verbindlich werden für alle. Bis auf den heutigen Tag ist dieses Glaubenszeugnis Inspiration und Quelle für das Leben der Kirche und aller Christen.

Das Jahr der Bibel 2003 hat die vielen Initiativen, die in unserem Land anlässlich des Jahres entstehen werden, unter das Leitwort Suchen. Und Finden gestellt. Das Jahr der Bibel will als ökumenische Initiative alle Menschen darauf aufmerksam machen, dass ihre Suche nach dem Sinn ihres Lebens nicht erfolglos bleiben muss, weil es erprobte Worte des Lebens gibt, die vom Ursprung und vom Ziel unseres Daseins sprechen und in den verschlungenen Pfaden so vieler Sinnangebote in unseren Tagen einen verlässlichen Weg ausweisen.

Die Aktion 2003. Das Jahr der Bibel. lässt ein bundesweites Netzwerk entstehen, das die Christen ermutigt, sich der eigenen Urkunde des Glaubens neu zu vergewissern und den Menschen, mit denen sie zusammen leben, Rechenschaft über ihren Glauben zu geben.

Die zahlreichen ökumenischen Initiativen an den unterschiedlichsten Orten, wie Bibelkurse, Bibelwochen, Ausstellungen und Gottesdienste sollen als Einladung verstanden werden für alle Menschen, die suchen und zu finden hoffen. Das Jahr der Bibel ist eine große ökumenisch geprägte Einladung, die Heilige Schrift in die Hand zu nehmen und in ihr Gottes Lebensatem für uns zu erspüren. Sie ist als „Buch der Bücher“ ein einzigartiges Dokument in der Menschheitsgeschichte.

Es gibt keine anderen Voraussetzungen, sich an der Aktion zu beteiligen als die, mit anderen gemeinsam den Lebensfragen nachzugehen und nach Antwort zu suchen. Das entstehende Netzwerk Jahr der Bibel wird sich öffentlich in überregionalen Veranstaltungen und Aktionen, wie z. B. die Bibelerlebnis-Ausstellungen, Bibel-Box und mobile Bibelaktionen präsentieren. Ein Bibelmagazin in einer Auflage von zwei Millionen Exemplaren steht ab Dezember 2002 allen, die mitmachen wollen, zur Verfügung. Der Ökumenische Kirchentag 2003 in Berlin wird mitbestimmt sein von dieser Initiative.

Das Jahr der Bibel will also weit über die Kirche und die Gemeinden hinaus Menschen ansprechen und zum Nachdenken anregen. Der heilige Franziskus von Assisi, dessen Lebenszeugnis viele Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche und der christlichen Gemeinschaften anspricht, sagt es in sehr einfachen Worten: „Die Heilige Schrift lesen, heißt von (Jesus) Christus Rat holen."

Wir leben in einer Gesellschaft, in der viele Dinge, die unser Leben erleichtern, zu erwerben sind. Für Geld kann man sehr viel kaufen. Wenn wir also in unserer Gesellschaft wohlausgestattet und vielfach auch im Überfluss leben, so scheint es, dass wir an einem Mangel leiden, nämlich dem, guten Rat zu finden: einen Rat, der unser spannungsvolles Leben von der Geburt bis zum Tod sinnvoll trägt und uns eine Hoffnung jenseits des Todes schenkt. Die Aktion Suchen. Und Finden. 2003. Das Jahr der Bibel. ist eine Einladung zum Gespräch nicht nur der Christen untereinander, sondern aller Menschen, die sich auf die Suche nach der Wahrheit ihres Lebens machen wollen

Hannover/Berlin, 29. April 2002
Pressestelle der EKD