EKD-Ratsvorsitzender zum Tod von Marion Gräfin Dönhoff

"Dankbar für das Lebenswerk dieser Frau"

12. März 2002

Sein "tief empfundenes Beileid" anlässlich des Todes von Marion Gräfin Dönhoff äußerte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, in einem Schreiben an den früheren Bundeskanzler Dr. Helmut Schmidt und die Herausgeber der Wochenzeitung DIE ZEIT.

Der Tod der ZEIT-Herausgeberin und "Grande Dame der deutschen Publizistik" lasse "uns innehalten", erklärte Kock im Namen der EKD. Mit denen, die Gräfin Dönhoff persönlich und beruflich nahe standen "trauern wir um eine Publizistin, die wie kaum eine andere die Pressegeschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen an mitgeschrieben und mit ihrem Niveau maßgeblich beeinflusst hat." Die Öffentlichkeit verliere mit Frau von Dönhoff eine der seltenen Persönlichkeiten, die ohne den formalen Rahmen eines öffentlichen Amtes, allein Kraft der Autorität ihres Wortes eine Institution genannt werden konnte. Gebildet, geistreich und mit Augenmaß habe Dönhoff während ihres gesamten journalistischen Wirkens den Blick auf das Wesentliche in der Demokratie gerichtet und dabei nachdrücklich jene Werte vertreten, "die den Staat nach innen lebensfähig und nach außen zu einem geachteten Mitglied der Völkergemeinschaft machen." Der Ratsvorsitzende lobte das Engagement Dönhoffs für ein aktives Verständnis von Toleranz, und für die grenzenlose Geltung von Menschen- und Bürgerrechten. So habe sie ihrer evangelischen Kirche ohne Zögern den Rücken gestärkt, als diese mit einer Denkschrift die Deutschen 1965 zur Aussöhnung mit ihren östlichen Nachbarn in Europa aufgerufen hatte - "zu einer Zeit als noch viele im Lande im Blockdenken des Kalten Krieges gefangen waren."

Gräfin Dönhoff sei daran gelegen gewesen, dass der demokratische Geist der Gesetze im täglichen Miteinander zur Geltung komme, "damit die Verfassung von den Bürgerinnen und Bürgern als hilfreicher Rahmen erlebt und von jeder und jedem Einzelnen als schützens- und bewahrenswertes Gut gepflegt werde", so Kock weiter. Marion Gräfin Dönhoff habe dabei auf die Kraft der Argumente gesetzt. "Stilsicher vermochte sie darzulegen, was sie an eigenen Ideen und Gedanken zu einer zivilen und sozialen Gesellschaft beizutragen hatte. Mutig, klar, zum intellektuellen Streit ebenso bereit wie zu vernünftigen Kompromissen."

Nach Einschätzung von Kock wird "unser Land diese so ganz andere preußisch-protestantische Stimme, diese Sachwalterin der aufklärerischen Vernunft vermissen, ebenso wie unsere europäischen Nachbarn, deren Deutschlandbild Marion Gräfin Dönhoff ein halbes Jahrhundert lang überaus positiv geprägt hat. Wir haben viel Grund, Gott, dem Herrn über Leben und Tod für das Lebenswerk dieser Frau von Herzen dankbar zu sein."

Hannover, 12. März 2002
Pressestelle der EKD