Um Gottes Willen für den Menschen! Von Anfang an das Leben wählen statt auswählen

Statement des EKD-Ratsvorsitzenden , Präses Manfred Kock auf der Pressekonferenz zur Woche für das Leben

15. März 2002

Die Woche für das Leben ist nicht nur eine gemeinsame Initiative der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD, sie ist auch, wie man nach elf Jahren wohl sagen darf, nach wie vor sehr erfolgreich. Besonders erfreulich ist es, dass die Initiative zwar "von oben", also gemeinsam von der Bischofskonferenz und dem Rat ausgeht, dass die Woche aber in ganz Deutschland von vielen Kirchengemeinden und Pfarreien angenommen wird. Die Ihnen vorliegenden Materialien sind auch dieses Jahr wieder in hoher Auflage in allen Diözesen und Landeskirchen an die Gemeinden versandt worden. Wir fragen aus den Gemeinden nicht flächendeckend ab, in welchen Formen im einzelnen vor Ort die Woche für das Leben umgesetzt wird. Aus den vielen Rückmeldungen, die wir bekommen, und aus unseren persönlichen Eindrücken können wir jedoch verlässlich schließen, dass in einer sehr großen Zahl von Gemeinden Veranstaltungen zur Woche für das Leben geplant werden. Besonders erfreulich finde ich die vielfältigen ökumenischen Initiativen, seien es Vortrags- und Gesprächsabende zu den Themenschwerpunkten oder ökumenische Gottesdienste. Die ungebrochen hohe Beteiligung der Gemeinden und das große öffentliche Interesse an den aktuellen Themen macht die Woche für das Leben zu einer der erfolgreichsten gemeinsamen Initiativen von EKD und Bischofskonferenz.

Kardinal Lehmann hat soeben unsere theologische Motivation für die Woche für das Leben beschrieben. Ich möchte betonen, dass insbesondere dieses Jahr der Rat der EKD und die Deutsche Bischofskonferenz in den theologischen Fragen in hohem Maße und in den ethischen Folgerungen sowie der Einschätzung der gesellschaftspolitischen Konsequenzen völlig übereinstimmen. Bei der Frage der Forschung an embryonalen Stammzellen befinden wir uns mitten in der Diskussion um die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses vom Januar dieses Jahres. Auch an dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass sowohl Bischofskonferenz wie auch der Rat der EKD nach wie vor diesen Beschluss bedauern und nun sehr hoffen, dass die strikten Begrenzungen des Imports embryonaler Stammzellen nicht aufgeweicht werden. Wir werden die parlamentarischen Beratungen aufmerksam verfolgen. In der diesjährigen Woche für das Leben werden wir in den Gemeinden und durch sie in der Gesellschaft überhaupt die Sensibilität für diese Fragen weiter erhöhen. Angesichts der hohen ethischen Brisanz dieser Fragen, aber auch angesichts von Äußerungen aus Kreisen von Politik, Forschung und internationaler Bioindustrie über sehr viel weitergehende Ziele steht die Glaubwürdigkeit des Parlamentes und der einzelnen Politikerinnen und Politiker in besonderer Weise auf dem Spiel. Der Beschluss des Bundestages muss nun so umgesetzt werden, dass das grundsätzliche "Nein" zum Import und die Koppelung der ausnahmsweisen Zulassung an enge Voraussetzungen auch deutlich wird.

Die heute schon technisch mögliche Präimplantationsdiagnostik (PID), der andere inhaltliche Schwerpunkt der diesjährigen Woche für das Leben, wird vom Rat der EKD und von der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ebenfalls strikt abgelehnt. Auch zu dieser Herausforderung erwarten wir viele Vorträge, Diskussionen und andere Veranstaltungen in den Gemeinden, die die öffentliche Sensibilität für dieses Thema weiter erhöhen werden. Wir freuen uns über das klare und mit großer Mehrheit gefasste Votum der Mitglieder der Enquete-Kommission des Bundestages gegen die Zulassung der PID in Deutschland und hoffen, dass der Bundestag diesem Votum folgen wird.

Dass die Woche für das Leben Jahr für Jahr auf so große Resonanz in den Gemeinden stößt, liegt meiner Meinung nach nicht nur an der großen theologischen Bedeutung dieser Fragen. Der Schutz des Lebens ist eine zentrale Aufgabe aller Christen und ihrer Kirchen, unsere übereinstimmenden Grundeinsichten bei diesen Themen ergeben sich unmittelbar aus den Grundlagen unseres Glaubens. Daneben betrifft uns die Gefährdung des Lebens aber auch angesichts unserer weiteren Kompetenzen, insbesondere in den Bereichen Beratung und Seelsorge. In den zahlreichen evangelischen und katholischen Beratungsstellen, deren Mitarbeiterinnen ich an dieser Stelle ausdrücklich für ihre Arbeit danken möchten, kommen die Kirchen täglich mit den Sorgen von Paaren in Berührung, die befürchten, genetisch vorbelastet zu sein oder deren Kinderwunsch bisher unerfüllt geblieben ist. In unseren Krankenhäusern treffen wir auf Menschen, die an bisher unheilbaren Krankheiten leiden. In den Seelsorgegesprächen, die Tag für Tag geführt werden, spielen die Gefährdungen des Lebens und der Schutz des Lebens immer wieder eine zentrale Rolle. Bei unseren Überlegungen zu diesen Fragen sind wir daher mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Gespräch. Deren Forschungen zum Schutz des Lebens begrüßen und unterstützen wir, soweit sie ethisch verantwortlich vorgehen. Darüber hinaus sind wir auch mit den Beraterinnen und den in der Seelsorge engagierten Menschen und nicht zuletzt mit den Betroffenen selber im Gespräch. Gerade diese Kontakte und die Arbeit unserer Frauenverbände haben uns in unserer theologisch begründeten Haltung bestärkt: Die Illusion, es gäbe ein Recht auf ein gesundes Kind, ein Recht auf Gesundheit überhaupt, diese Illusion schafft immer wieder einen Leidensdruck, der von all den medizinischen Anstrengungen kaum zu lindern ist. Gerade in Seelsorge und Beratung gilt es, mit den Betroffenen nach Wegen aus ihren Sorgen und ihrer Not zu suchen, die ihnen wirklich neue Perspektiven eröffnen und sie nicht nur vor neue, größere Probleme stellen.

Bei der Herausforderung, für das Leben einzutreten, nicht nur, aber eben doch auch angesichts der Herausforderungen von Forschung an embryonalen Stammzellen und Präimplantationsdiagnostik, geht es daher nicht nur um deutliche und öffentliche Stellungnahmen, wie sie auch dieses Jahr wieder in vielen Dörfern und Städten in Deutschland während der Woche für das Leben zu hören sein werden, es geht auch um die sensible Begleitung der unmittelbar und existentiell Betroffenen. Vielleicht liegt hierin eine besondere Bedeutung der Durchführung der Woche für das Leben auf Gemeindeebene.

Neben dem Engagement der Gemeinden hat auch dieses Jahr die Woche für das Leben wieder ihre bundesweiten Elemente. Dabei möchte ich vor allem hinweisen auf die bundesweite Eröffnung am Samstag, dem 13. April 2002 in Erfurt. Zum Ökumenischen Gottesdienst im Dom zu Erfurt - Beginn: 10.00 Uhr - und zum Gesprächsforum „Von Anfang an das Leben wählen statt auswählen“ im Rathaus der Stadt Erfurt - Beginn: 14.30 Uhr, laden wir sehr herzlich ein.


Hannover/Frankfurt, den 15. März 2002
Pressestelle der EKD