Pressekonferenz zum Auftakt der EKD-Initiative 2002

Statement Landesbischof Dr. Ulrich Fischer (Karlsruhe)

13. März 2002

Was die heute eröffnete EKD-Initiative 2002 für die Evangelische Kirche in Deutschland bedeutet, hat der Ratsvorsitzende Ihnen eben dargestellt. Ich möchte mich in meinen einleitenden Worten auf die Zielsetzung und die inhaltliche Gestaltung der Kampagne konzentrieren. Es ist eine bekannte Tatsache, dass es die Kirchen in der Mediengesellschaft zunehmend schwer haben, sich mit ihren Anliegen den Menschen zu vermitteln. Besonders diejenigen, die der Kirche distanziert gegenüber stehen, also sowohl jene, die - vor allem im Ostteil unseres Landes - nie zu einer Kirche gehört haben, als auch jene, die ihre Kirchenmitgliedschaft eher passiv wahrnehmen, werden mit den Anliegen und Angeboten der Kirche nur schwer erreicht. Die EKD-Initiative 2002 verfolgt das Ziel, zu diesen Kirchendistanzierten Kontakt herzustellen bzw. "lockere" Kontakte wieder zu intensivieren.

Dies soll dadurch geschehen, dass wir mit dem Leitgedanken der Initiative „Lassen Sie uns gemeinsam Antworten finden“ die evangelische Kirche als einen Raum darstellen, in dem Menschen ihre Fragen stellen können und in dem im gemeinsamen Gespräch Antworten gesucht und gefunden werden - ohne durch ein kirchliches Lehramt bereits fertige Antworten vorzugeben. Dabei geht die Initiative davon aus, dass auch Menschen, die der Kirche ganz fern stehen, Fragen nach dem Sinn des Lebens stellen. Fragen nach dem Woher und Wohin, nach dem Wert und der sinnvollen Gestaltung menschlichen Lebens. Im Wachhalten dieser Sinnfragen und ihrer gemeinsamen Beantwortung mit Hilfe der biblischen Botschaft, der kirchlichen Bekenntnisse und der evangelischen Ausprägung kirchlichen Lebens liegt gewiss die Kernkompetenz der evangelischen Kirche. Mit den in der EKD-Initiative gestellten Fragen wollen wir also einladen, unsere Kirche neu als einen Raum zu entdecken, in dem auf wichtige Fragen des Lebens in der Gemeinschaft von Suchenden und Glaubenden Antworten gewagt werden.

Die fünf für die Initiative bisher vorgesehenen Fragen zeichnen sich dadurch besonders aus, dass sie jeweils einen Bezug zum Kirchenjahr oder zu säkularen Ereignissen haben. In der jetzt beginnenden vorösterlichen Zeit lautet die Frage: „Woran denken Sie bei Ostern?“. In den Wochen vor dem 1. Mai, dem Tag der Arbeit, fragen wir: „Ist der Mensch nur so viel wert, wie er verdient?“. Im Wonnemonat Mai fragen wir: „Was ist Glück?“. Rechtzeitig zur Fußball-Weltmeisterschaft wagen wir die Frage: „Sind Fußballer unsere wahren Götter?“. Und wenn Menschen den Weg in den Urlaub antreten, begleitet sie die Frage: „Wohin wollen Sie eigentlich?“ Meistens folgen auf diese Fragen nach einem Multiple-Choice-Verfahren mehrere Antwortmöglichkeiten. Diese Methode signalisiert: Vordergründig sind diese Fragen schnell beantwortet und werden nicht unbedingt als tiefgründige Sinnfragen erlebt. In einem zweiten Nachdenken aber offenbart sich der Widerhaken dieser Fragestellungen, sozusagen ihr existenzieller Gehalt. Wir hoffen, dass viele Menschen sich fragen, ob die vorschnell gegebene Antwort eigentlich ausreicht. Und dass sie darüber mit anderen Menschen noch einmal gründlicher nachdenken möchten. Wenn dies geschieht, ist jene Aufmerksamkeit erreicht, die zu einer Kontaktaufnahme mit unserer Kirche führen kann.

Für die gesamte Dauer der Initiative ist eine Hotline geschaltet, über die alle Anrufenden mit der für sie zuständigen Landeskirche verbunden werden. Natürlich ist auch eine Kontaktaufnahme über e-mail oder unsere Diskussionsforen im Internet möglich. Gerade dadurch erhoffen wir uns Zugänge zu jüngeren Menschen. Noch ein Wort zum Medieneinsatz. Weil wir die so genannten "Kirchenfernen" als Hauptzielgruppe im Blick haben, schien es uns ratsam, den Etat in Höhe von 1,5 Mill. € auf Printmedien zu konzentrieren. Beim Einsatz dieser Medien haben wir die Akzente im Osten und im Westen Deutschlands unterschiedlich gesetzt: Da fast alle der von uns mit Anzeigen belegten Magazine, Fernseh-Illustrierten und anderen Zeitschriften im Westen stärker genutzt werden, setzen wir in den neuen Ländern stärker auf die Plakatierung. In 50 Städten des Ostens Deutschlands und in 55 Städten des Westens wird plakatiert. Gemessen an der Bevölkerungszahl werden die neuen Länder überproportional mit Plakaten bestückt als in den alten Ländern.

Allen, die im Rahmen dieser Initiative näheres Interesse an der Evangelischen Kirche zeigen, wird angeboten, sich über eine Broschüre mit dem Titel „Was wir glauben. Was wir wollen. Wer wir sind. Evangelisch in Deutschland“ über unsere Kirche kundig zu machen. Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass die EKD-Initiative  auch von den Landeskirchen mit neuen Fragestellungen als landeskirchliche Initiative oder von einzelnen Kirchengemeinden als gemeindliche Initiative oder gar bei aktuellen Anlässen bundesweit weitergeführt werden kann. Diese vielfache Einsetzbarkeit verdanken wir der Agentur Melle, Pufe, W,H,S, die uns hervorragend beraten hat und der ich - ebenso wie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im EKD-Kirchenamt und in den Landeskirchen - herzlich danken will.

Wenn Sie mich nun fragen "Wird diese Initiative erfolgreich sein?" so kann ich nur optimistisch antworten: "Lassen Sie uns gemeinsam Antworten finden."

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Hannover/Berlin, den 13. März 2002
Pressestelle der EKD