Weihnachten 2002

Botschaften leitender Geistlicher aus der EKD

23. Dezember 2002

Weihnachtsbotschaften leitender Geistlicher

Zusammenstellung der in der Pressestelle der EKD eingegangenen Weihnachtsbotschaften und Weihnachtspredigten leitender Geistlicher verschiedener Landeskirchen

und der

Weihnachtsbotschaft des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Manfred Kock

Ratsvorsitzender Präses Manfred Kock – Evangelische Kirche in Deutschland und Evangelische Kirche im Rheinland
24. Dezember, 18 Uhr, Gottesdienst für Alleinstehende

Das Kind, dessen Geburt die Christen an Weihnachten feiern, sei der unumstößliche Ausdruck dafür, „dass das Leben ein Geschenk ist und dass wir uns darum gut aufgehoben wissen dürfen bei Gott.“ Mit dieser seelsorgerlichen Botschaft eröffnete der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Kock, seine diesjährige Heilig-Abend-Predigt in einem Gottesdienstes für alleinstehende Menschen im Bergischen Land.

„Auch in unserer kinderfeindlichen Zeit, in der Gerichte Kinder als Last einstufen, weil sie den Erwartungen ihrer Eltern nicht entsprechen, in der die Zahl der Abtreibungen weiter ansteigt, in der Kinder als Armutsrisiko gelten,“ so der Ratsvorsitzende, lege Gott das Schicksal der Menschheit in die Hände eines Kindes, das in Armut geboren und unter lebensfeindlichen Umständen in seinen ersten Lebenstagen mit seinen Eltern zur Flucht getrieben wird.

„Weihnachten ist das stärkste Fest unseres Kulturkreises.“ sagte Kock in einer Predigt. Nicht die allgemeine Stimmungslage sei die Ursache dafür, sondern „dass die biblische Weihnachtsgeschichte genau das abbildet, was unsere Realität ist – alle Dunkelheit und alle Widersprüche“. Die Botschaft von der Erlösung erreichte Menschen in aussichtloser Lage, mittellose Sklavenarbeiter ebenso wie in grausamen Machtphantasien gefangene Befehlshaber. Die Geschichte der Geburt Jesu wirke in eine Welt, die trotz allem Glanz und allem Reichtum trostlos und arm wirke. Doch hinter der Fassade der Trostlosigkeit, der materiellen Übersättigung und der seelischen Leere leuchte der Glanz des Gottesfriedens in der Weihnachtsbotschaft der Engel: „Fürchtet euch nicht“. Diese Botschaft gelte nicht nur den Hirten damals auf dem Feld, sondern allen Menschen gleichermaßen, erläuterte Manfred Kock.

Gleichwohl sei Bethlehem als Geburtsort Jesu erneut Symbol für das Elend der Gewalt – auch in diesem Jahr. Die Absperrung der Stadt und der Geburtskirche und die Stationierung von Panzern und Kanonen davor stünden im Widerspruch zur Botschaft des Friedens, beklagte Kock: „Bethlehem macht uns Mühe. ... Niemand scheint zu begreifen, was die Weisheit Jesu lehrt: nicht Böses mit Bösem zu vergelten.“ Angesichts der Diskussion um die Bekämpfung des Terrors und die drohende Kriegsgefahr im Mittleren Osten sagte Kock: „Das Kind in der Krippe, das Kind auf der Flucht hat keine Worte und keine Argumente. Aber das Kind Jesus ist das Argument Gottes für eine andere, für eine neue Welt, auch wenn die alte Welt bisher so wenig davon begreift“.

Für die Christen laute darum die Konsequenz aus der Weihnachtsgeschichte: „Wir müssen gegen den Krieg aufstehen. Denn er würde das Gespenst des Terrorismus durch alle Ritzen unserer Gesellschaft hineinpressen.“ Wer die Botschaft von den Hirtenfeldern Bethlehems ernst nehme, spüre den Kontrast zum Imponiergehabe der mächtigen Kriegshelden zu allen Zeiten. „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden“. Die Kirche habe nur dieses Wort zu verkünden. Auch wenn sie damit nicht immer die Spitze der Hitlisten und Einschaltquoten erreichen könne, sei dies der verheißungsvolle Kontrast zu Hassparolen und Säbelrasseln.

Bischof Hans-Jürgen Abromeit, Pommersche Evangelische Kirche
Weihnachtsbotschaft

Die Geburt von Jesus sei an sich nicht spektakulär, stellt der Bischof der Pommerschen Evangelischen Kirche, Hans-Jürgen Abromeit, in seiner Weihnachtsbotschaft fest. Weil sie allerdings in die Verheißungsgeschichte Gottes hineingestellt sei, bekomme sie einen Sinn, der alle Menschen betreffe. Ohne sich für das Besondere die Augen zu öffnen, werde Weihnachten schnell „zu einem Fest der inszenierten Heimeligkeit“. Die Engel hätten damals den Hirten die Augen geöffnet mit ihrer Botschaft „Fürchtet euch nicht!“ – etwas von der göttlichen Wirklichkeit habe in Ärmlichkeit gestrahlt. „Die Botschaft der Weihnacht hat auch unser Leben verändert,“ erläutert der pommersche Bischof. Deshalb haben Menschen begonnen, ohne Ausgrenzung zu leben, denn es gebe keine Unterscheidung zwischen wertvollen und wertlosen Menschen. Von der Menschwerdung Jesu gehe aus, dass jeder Mensch für unendlich wertvoll zu achten sei. Dies schließe, so Abromeit, den Handel mit Organen aus: „Organe sind unbezahlbar. Wir gehören auch nicht uns selbst, sondern Gott.“

Zu Weihnachten gehöre auch das Lob Gott, so Hans-Jürgen Abromeit: „Wo Gott allein die Ehre gegeben wird, da stellt sich der Friede von selbst ein. Unfriede und Krieg sind aber dort, wo wir Menschen uns absolut setzen und auf Kosten anderer leben. Frieden sei dabei nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern „Unversehrtheit, Heil und Segen für die ganze Schöpfung in Übereinstimmung mit Gott und für alle Menschen.“

Landesbischof Christoph Kähler - Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen
Weihnachtsbotschaft

„Wie gehen wir mit Kindern um?“ – Diese Frage stellt Christoph Kähler, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, anlässlich des Weihnachtsfestes.
Die Weihnachtsgeschichte erzähle, wie sehr ein Kind die Welt verändern könne: „Jeder ist dem anderen der Nächste. Das ist die Botschaft, die von dem Kind in der Krippe aus um die Welt gegangen ist“, sagte Kähler. Beweisen müsse sich das zuerst an den Schwächsten. Wie mit den Jüngsten umgegangen werde, zeige den Zustand der Gesellschaft. „Dort, wo sich jeder selbst der Nächste ist, geraten Kinder aus dem Blick. Eine solche Gesellschaft verschenkt Chancen, denn Kindergeschrei ist Zukunftsmusik.“
Es sei ein fataler Irrtum zu meinen, Kinder müssten mit Konsum überhäuft werden. Das Kostbarste sei für Kinder nach wie vor gemeinsam mit Eltern verbrachte Zeit und die darin zum Ausdruck kommende Zuneigung. „Zeit für Kinder ist zur Mangelware geworden. Unsere hektische Gesellschaft ist wenig kindgerecht“, kritisiert Kähler. Weihnachten sei eine gute Gelegenheit für Erwachsene, viel Zeit mit Kindern zu verbringen. So würden sich die Erwachsenen auch selbst beschenken.
Politik und Gesellschaft müssten stärker als bisher auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen, sagte Kähler abschließend. Er erinnerte in dem Zusammenhang an die Kinderrechtskonvention der UNO. Danach seien Kinder als Betroffene anzuhören und ihre Meinungen zu berücksichtigen. Dies müsse bei der Stadtplanung ebenso zur Geltung kommen wie in der Umwelt- oder Bildungspolitik. „Wenn wir lernen, die Welt mit Kinderaugen zu sehen, wird sie friedlicher und zukunftsfähiger.“ Es müssten dringend Beteiligungsformen etabliert werden, die geeignet seien, Kindern zu ihrem Recht zu verhelfen. Als Beispiel nannte Kähler die „Kinderbischöfe von Magdala“, die jedes Jahr von ihrer Gruppe gewählt werden und die Interessen der Kinder vor Kommune und Kirchgemeinde erfolgreich vertreten.

Bischof Wolfgang Huber – Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg
24. Dezember, 18 Uhr, SFB-Rundfunkgottesdienst in St. Marien, Berlin

Weihnachten habe mit dem Frieden zu tun, erklärte Bischof Wolfgang Huber in seiner Weihnachtsbotschaft. Der Lobpreis der Engel, so berichte das Lukasevangelium, verbinde die Geburt des Christuskindes in der Krippe von Bethlehem mit der Verheißung des Friedens. Wer hinhöre, entdecke in diesen biblischen Worten mehr als nur eine Friedensbotschaft. Dass Gott in der Höhe allein die Ehre gegeben wird, ist genauso wichtig wie die Hoffnung auf irdischen Frieden. Gott loben und im Frieden leben sei unlöslich miteinander verknüpft.
Die ungelösten Fragen im Nahen Osten, die bleibenden Spannungen in Afghanistan, die nach wie vor über der Welt hängende Kriegsgefahr im Irak seien Beispiele dafür, wie gefährdet der äußere Frieden ist. Diese Gefährdung im Licht des Weihnachtsevangeliums zu sehen heißt auch, auf die Stimme des Bergpredigers zu hören: „Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt werden.“ Wie oft sei gegen diese Seligpreisung verstoßen worden. Wie oft habe man der Verkündigung Jesu unterstellt, sie fordere dazu auf, Unrecht und Gewalt einfach hinzunehmen. Wenn Möglichkeiten gewaltfreien Handelns erkundet werden, gehe es nicht darum, Gewalt und Unrecht passiv hinzunehmen: „Beides zu überwinden, ist das Ziel.“
Der drohende Irak-Krieg habe erneut vor die Frage gestellt, wie das geschehen kann, sagte Wolfgang Huber. Viele seien ihm in USA begegnet, denen es gerade nicht darum gehe, Gründe für einen vermeintlich gerechten Krieg zu suchen, sondern Wege zu einem gerechten Frieden zu gehen: „Die Vorstellung, einen Präventivkrieg zu rechtfertigen, ist damit nicht vereinbar. In ihm kann man nicht ein äußerstes Mittel sehen, das notwendig wird, weil der faktisch ausgeübten Gewalt anders nicht gewehrt werden kann.“

Kirchenpräsident Peter Steinacker – Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
24. Dezember, Kirche in Schlitz, Christmette

„Wir brauchen Zeiten, in denen wir festlich innehalten und unsere inneren Augen weit öffnen für das Leben, das in uns ist – dessen Erfahrungen, dessen Freude, dessen Verwundungen ja ständig mit uns gehen, die wir aber so wenig beachten können, weil der Alltag so anstrengend ist und uns alles abverlangt, “ predigte der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Peter Steinacker, am Heiligen Abend in der Christmette in Schlitz. Er betonte damit die unverzichtbare geistliche Bedeutung der Advents- und Weihnachtszeit gegenüber allen Tendenzen, den Geschäftsalltag und den Konsum immer mehr in den Vordergrund der Feiertage zu schieben. Die Weihnachtsgeschichte von den Hirten auf dem Feld und der Geburt Jesu im Stall decke, so Steinacker, in behutsamer Weise die meistens tief verborgene „Sehnsucht nach Gerechtigkeit, nach Frieden und einem erfüllten Leben“ auf. Steinacker regte an, in diesen Tagen auch „an einige zu denken, die in dieser Nacht keinen Frieden finden können, weil ihnen Nähe und Wärme fehlen, oder weil sie Opfer von Gewalt sind.“
Angesichts der politischen Weltlage rief Steinacker alle Christen auf, die Hoffnung auf friedliche Konfliktlösungen nicht aufzugeben und dafür zu beten. Diese Konflikte machten deutlich, „wie vergebungsbedürftig wir Menschen sind.“ Dies zu erkennen, sei der erste Schritt zum Frieden. „Genau deshalb fürchten sich die Hirten in der Weihnachtsgeschichte so sehr vor dem Engel, der zu ihnen kommt“, so Steinacker, „denn sie wissen, dass wir Menschen nicht so sind, wie wir eigentlich sein könnten. Die Hirten können da noch nicht wissen, dass der Engel mit der entscheidenden Friedensbotschaft Gottes kommt. Er will sie und uns einladen, in Jesus Christus ihm selbst zu begegnen.“ Gott wolle damit, so Steinacker „die Erde, dich und mich, mit hineinziehen in seinen Frieden, der kein Ende hat und in dem Gerechtigkeit wohnt“.

Bischof Martin Hein – Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck
24. Dezember, Kasseler Martinskirche

Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, hat in seiner Predigt am Heiligen Abend angesichts der schlechten Stimmungslage in Deutschland und unsicherer Weltlage zur Besinnung auf die Weihnachtsbotschaft aufgerufen: Die Lage der Welt sei derzeit zwar durchaus geeignet, Angst und Schrecken einzujagen. Auch in der deutschen Gesellschaft sei die allgemeine Gemütslage angesichts der Krise der Staatsfinanzen und der sozialen Systeme schlecht. Doch leuchte inmitten dieser Fülle schlechter Nachrichten auch an diesem Heiligen Abend die Weihnachtsbotschaft auf: „Alle Meldungen, die uns ängstigen oder ärgern, sind nichts gegen diesen einen Satz, dass Gott uns in der Geburt Jesu seinen Frieden schenkt. Unsere Welt, die von einem wirklichen Frieden weit entfernt zu sein scheint, unsere ruhelose, sensationsgierige Gesellschaft wie wir selbst haben diese Botschaft nötig. Denn sie ist es, die unserem Leben die alles entscheidende Ausrichtung gibt und sicheren Halt schenkt. Die Weihnachtsbotschaft bewegt uns dazu, etwas dazu beizutragen, dass das friedliche Zusammenleben gelingt, sie schenkt uns mitten in den Unsicherheiten und Bedrohungen, denen wir uns ausgesetzt fühlen, Zuversicht für unser eigenes Leben und für unsere Welt“, erklärte der Bischof in seiner Weihnachtspredigt am Heiligen Abend in der Kasseler Martinskirche.   
Hein warnte in seiner Predigt zugleich davor, angesichts der anstehenden Aufgaben zu verzagen oder zu resignieren. Dies wäre ein Zeichen von Unglauben und mangelnden Vertrauens gegenüber Gott. Es gelte vielmehr: „Die Botschaft der Engel vom Frieden auf Erden will geglaubt und dann, soweit es in unseren Kräften steht, auch getan worden.“ Dies beginne bereits im Alltag: „Das Zusammenleben mit anderen Menschen in Partnerschaft, Ehe und Familie ist ein täglicher Ort der Einübung und der Bewährung des Friedens, wo doch heutzutage die Tendenz nahe liegt und es anscheinend leichter ist, aneinander vorbeizuleben und in lauter kleine Ich-AGs zu zerfallen,“ heißt es in der Predigt des Bischofs. Die Verheißung der Weihnachtsbotschaft höre allerdings nicht an unseren Grenzen auf. Sie gelte weltweit, auch für die Krisenherde, wo wir selbst kaum Hoffnung haben: „Im Licht von Weihnachten erkennen wir den notvollen Zustand der Welt – und zugleich die große Zukunft, die ihr verheißen ist“, sagte der Bischof von Nordhessen.

Bischof Hans Christian Knuth – Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche
24. Dezember, Dom zu Schleswig

Hans-Christian Knuth predigte über die Erfahrung, dass das Erleben von Wirklichkeit abhängig ist von der Art und Weise, wie Menschen ihren Blick auf die Wirklichkeit richten: mit welchen Vorerwartungen wir Realität wahrnehmen: „So kann es durchaus sein, dass wir in der Krippe nur ein obdachloses Kind ohne Kinderzimmer und ohne Kinderbett sehen. Eines von Millionen Flüchtlingskindern ... und auch die unglückselige Mutter und der hilflose Vater gehören dann eher zu den Randgruppen der Gesellschaft ...“ Der weihnachtliche Blick sei „der Blick einer jahrhundertealten Sehnsucht und Hoffnung“, die sich auf den neuen König richtet, der Frieden und Gerechtigkeit bringt für die ganze Welt. Mit diesem Blick erkennen in dem Kind Gott selbst und den himmlischen Glanz um die Krippe im Stall.
Überträgen auf die Gegenwart, fragt Bischof Knuth: „Wie sehe ich die Krippe? Wie sehe ich mich selbst und mein Leben? Wie sehe ich meinen nahen und fernen Nächsten?“ Seine Antwort: „Wir sind nicht Konkurrenten im Kampf ums Überleben, sind nicht geboren zum Herrschen übereinander, nicht zum Hassen und zum Streit, nicht zum Richten und Diskriminieren. Sondern das wehrlose Kind, der gewaltfreie Gott, die Menge der himmlischen Heerscharen: Das sind unsere Grundlage, unsere Zielvorgaben, unsere Orientierungen in der Welt.“ Im Blick auf das öffentliche Leben, auf Wirtschaft und Politik haben die Menschen den Hoffnungsblick verlernt, vermutet Hans Christian Knuth. Die Menschen in Deutschland würden sich um Abbau des Wohlstands grämen, aber nicht mehr wahrnehmen, dass es vielen insgesamt besser geht als fast jedem anderen Menschen auf der Welt und als fast jedem Deutschen in unserer langen Geschichte vor uns: „Wir nehmen den Glanz nicht mehr wahr in unserem Leben, wenn wir Frieden haben, satt geworden sind und in einem warmen Zuhause wohnen, gesunde Luft atmen, sauberes Wasser trinken und frei unsere Meinung sagen können. In anderen Zeiten und an anderen Orten beschreibt man so das Paradies,“ schloss der Bischof von Schleswig seine Weihnachtspredigt.

Bischöfin Maria Jepsen – Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche
24. Dezember, 18 Uhr, Hauptkirche St. Michaelis, Hamburg

Gott zeige sich ganz schlicht und groß zugleich: im Stall das Kind, am Himmel der Engel. So beschrieb Bischöfin Maria Jepsen die Weihnachtsgeschichte im Heilig-Abend-Gottesdienst im Hamburger Michel. Das Weihnachtsfest werde von Gott den Menschen bereitet. Wer die Worte und Lieder des Weihnachtsfestes höre, der lasse fallen, was ihn sonst beschäftigt und bedrängt, weil er Gott selbst sprechen hört. Doch die Probleme und Sorgen der Welt bleiben. In Jesus stelle Gott den Menschen einen an die Seite, der starke Schultern hat, an den Menschen sich anlehnen können und der das Schwere tragen hilft und abnehmen kann. In der Welt sei es noch lang nicht so, „wie Gott es gerne hätte“. Frieden, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Liebe würden es in dieser Zeit schwer haben, erklärte die Bischöfin von Hamburg, doch die Engel würden dagegen sprechen: „Fürchtet Euch nicht“. Das sei die Botschaft „Gott steht Schulter an Schulter mit euch.“

Landesbischof Ulrich Fischer – Evangelische Landeskirche in Baden
Weihnachtsbotschaft mit Teilen der Predigt am 25. Dezember, Karlsruher Stadtkirche

Von der Kraft für die Gestaltung des persönlichen und gesellschaftlichen Lebens durch die weihnachtliche Botschaft spricht Landesbischof Ulrich Fischer in seiner Weihnachtsbotschaft (nachfolgend in Auszügen): „Weihnachten ist Herzenssache. Wir alle kennen dies, wie sich in der Advents- und Weihnachtszeit die Befindlichkeit unseres Herzens verändert. Wir sind sensibler in diesen Tagen. Wir sind leichter bewegt oder angerührt. Unser Gemüt erfährt eigenartige Schwingungen. Wir suchen die Gemütlichkeit unserer Zimmer, vielleicht auch an unserem Arbeitsplatz. (...) Früher habe ich dieser Gefühlslage nicht getraut. Herzenserwärmung in der Adventszeit, das habe ich oft als den Versuch gedeutet, die harte Realität des Lebens zu verdrängen; über unsere Lebenswirklichkeit eine süße Gefühlssoße zu gießen, um all das nicht wahrnehmen zu müssen, was Menschen das Leben schwer macht. (...) Auch wenn manches an vorweihnachtlicher Gefühlserregung unecht ist, es ändert nichts an der Erkenntnis, dass Weihnachten in aller erster Linie eine Herzenssache ist. Denn nur was in unseren Herzen ankommt, hat verändernde Kraft, schenkt einen anderen Umgang miteinander in unseren Familien, in unseren Freundes- und Kollegenkreisen. Es ist gewiss kein Zufall, dass am Schluss der weihnachtlichen Geburtsgeschichte des Lukas die Worte stehen: ‚Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.’ Nicht in ihrem Kopf. Nicht in ihrem klugen Verstand. Nein: Sie bewegte die Worte der Weihnachtsbotschaft ganz drinnen bei sich. (...) Nichts wird die Weihnachtsbotschaft bewirken, wenn sie nicht unser Herz erreicht. Alles kann sie bewirken, wenn wir ihre Worte in unseren Herzen bewegen. Alles, wirklich alles. Da können wir Kraft gewinnen, für den Frieden auf Erden einzutreten, den Gott an Weihnachten uns Menschen zugesagt hat. Da können wir Kraft gewinnen, jener dumpfen Kriegsrhetorik deutlich zu widersprechen, die derzeit aus den USA so furchterregend über die Welt hallt. Da können wir die Kraft gewinnen, der Vergiftung des politischen Klimas in unserem Land entgegenzuwirken. Da können wir Kraft gewinnen, gegen die kollektive Depressivität unserer Gesellschaft von der Zukunft zu reden, die Gott uns eröffnet hat. Da können wir Kraft gewinnen, bedingungslos einzutreten für ein friedliches Zusammenleben mit Fremden und ja zu sagen zu einer kontrollierten Zuwanderung in unserem Land. Meine Hoffnung ist, dass in den jetzt anstehenden Vermittlungen zur gesetzlichen Regelung der Zuwanderung sich das wärmende, friedensstiftende Licht von Weihnachten widerspiegelt und alle zu einem Ergebnis ermutigt, das den Betroffenen Sicherheit und Verlässlichkeit schenkt. Was in unseren Herzen ankommt, das hat Kraft, in heilendem Tun an und in dieser Welt seinen Ausdruck zu finden. Was wir in unseren Herzen bewegen, das kann nicht darin eingesperrt bleiben, das will in alle Welt hinaus, um heilend und heilbringend in ihr zu wirken. Darum ist Weihnachten nur in erster Linie eine Herzenssache. In zweiter Linie ist es eine Sache von öffentlichem Interesse, von weltweiter Bedeutung. (...)“

Landesbischof Johannes Friedrich – Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern
25. Dezember, 10.15 Uhr, St. Matthäuskirche, München

Im Festgottesdienst am 1. Weihnachtsfeiertag in der Münchner St. Matthäuskirche hat Landesbischof Dr. Johannes Friedrich dazu ermutigt, sich neu auf das Weihnachtsevangelium einzulassen. Auch wenn sich die Nöte und Probleme des Jahres nicht einfach zu Weihnachten auflösten, könne das Geschenk, das Gott in Jesus Christus gemacht hat, Grundlegendes verändern: „Gott wendet sich uns zu, er wendet sich uns in einem Menschen zu“, so Friedrich. Wenn die Menschen diese Zuwendung Gottes wieder neu an andere Menschen weitergegeben, dann werde mehr Menschlichkeit für das Miteinander in unserer Zeit wachsen.
„Das Weihnachtsevangelium lädt uns ein, die Botschaft zu hören, sich auf sie einzulassen und sich in Bewegung zu setzen“, so der Landesbischof. Er erläuterte diese Bewegtheit, diesen Aufbruch am Beispiel seiner Lieblingskrippenfiguren, der Hirten. Die Hirten ließen sich auf das Ereignis der Heiligen Nacht ein, sie machten sich nach der Verkündigung aus dem Dunkel des alltäglichen Lebens zur Krippe auf. Von der Zuwendung Gottes bewegt, sagten sie die gute Nachricht weiter. Friedrich rief dazu auf, die Zuwendung Gottes an andere Menschen weiterzugeben: „Und wer es empfangen hat, wer sich von Gott in Jesus Christus beschenkt weiß, kann davon auch etwas an andere Menschen weitergeben. So können wir auch einander zum Gottesgeschenk werden und uns gegenseitig als Gottesgeschenk entdecken.“
Mehr Menschlichkeit für das Miteinander in unserer Zeit, das war Friedrichs Wunsch für die Familien in Deutschland: „Sprachlosigkeit in Familien und zwischen den Generationen lässt sich überwinden, gerade weil wir Menschen erfahren, dass Gott uns anspricht und sich uns zuwendet.“ Friedrich hoffte, dass die Menschlichkeit nicht nur im Persönlichen verbleibe: „Sinnlose Menschenopfer, wie der Terrorismus sie produziert, müssen nicht sein. Es gibt – weiß Gott – intelligente Alternativen zum Krieg, und die zu suchen, gebietet die Menschlichkeit, gebietet das Weihnachtsevangelium vom „Frieden auf Erden“.“

Kirchenpräsident Eberhard Cherdron – Evangelische Kirche der Pfalz
25. Dezember, 10 Uhr Speyer Gedächtniskirche, Weihnachtsgottesdienst

Kirchenpräsident Eberhard Cherdron hat in seiner Weihnachtspredigt die Menschen verändernde Kraft der Weihnachtsbotschaft unterstrichen. „Die Weihnachtsbotschaft will Menschenherzen verändern. Sie fordert uns auf, dass wir uns mehr um unseren Glauben und unser Gewissen kümmern. Denn auch ein Gewissen zu haben steht erst am Ende einer langen Anstrengung“, sagte Cherdron in der Gedächtniskirche in Speyer. Mit Blick auf die derzeitigen Diskussionen um Sparmaßnahmen erklärte Cherdron, die politische Diskussion erwecke den Eindruck, „Unterstellungen gehörten zum politischen Geschäft“ und Politik sei kaum mehr als Beschlussfassung über Beitrags- und Steuererhöhung: „Der Streit der Parteien untereinander lässt wenig Platz für gute Gedanken, die man gemeinsam miteinander haben könnte. Die wechselseitige Profilierung trägt nicht dazu bei, die wirklichen Probleme zu lösen und die Grundlagen der Gesellschaft zu gestalten.“ Politiker müssten lernen, dass „manchmal auch der politische Gegner etwas Vernünftiges sagt.“ Das sei die Voraussetzung dafür, dass Verbände und Gewerkschaften sich nicht nur abgrenzten, sondern aufeinander zu bewegten.
Die Botschaft der Engel in der Weihnachtsgeschichte sei „kein politisches Programm“. Sie wirke darum auch „auf den ersten Blick fast dürftig, vergleicht man sie mit dem, was uns Politiker versprechen. Die Weihnachtsbotschaft verspricht keine Einkommensverbesserungen und keine Lösung des Rentenproblems. Sie hat kein Sofortprogramm für den Mittelstand parat. Sie verkündet keine Strategie für neues Wachstum. Sie nennt nur einen Namen: Jesus Christus. Und der hat nur eine Aufgabe: Heiland zu sein für die Menschen.“ Aber gerade darum habe die Botschaft der Engel, Gott sei den Menschen ganz nahe gekommen, in allen Lebensbereichen Bedeutung. Sie mache deutlich, dass es für die Menschen noch andere Fragen gebe als die nach dem persönlichen Wohlergehen und dem privaten Vorteil. Der Name Jesu Christi sei nicht zu handeln wie die Namen mancher Kommissions-Vorsitzenden in der Politik, denen „beinahe eine Heils- und Rettungsbedeutung beigemessen“ werde. „Der Name Jesus Christus ist mehr als ein Programm. Er steht für die wirklich großen Erwartungen und Hoffnungen der Menschen und dafür, dass er sie erfüllt.“ Die Weihnachtsbotschaft zeige, „auf wie viel Wertvolles wir verzichten, wenn wir auf den Glauben an Jesus Christus verzichten: auf Wahrheit, auf Integrität, auf Glaubwürdigkeit.“

Präses Manfred Sorg – Evangelische Kirche von Westfalen
25. Dezember, Neustädter Marienkirche in Bielefeld. Abendmahlsgottesdienst

Der westfälische Präses, Manfred Sorg, könne die Weihnachtsgeschichte nur verstehen, wenn er die Sorgen auf den Weg zur Krippe mitnehme. All die Gefühle und Gedanken der vergangenen Tage und Wochen um Arbeitsplätze und Wohl der Menschen, mit denen der Präses der westfälischen Kirche konfrontiert wurde, ließen ihn auch an Weihnachten nicht los, sagte Sorg bei seiner Weihnachtspredigt in der Neustädter Marienkirche in Bielefeld. Doch die Weihnachtsgeschichte biete keine Rettergestalten, wie heutige Menschen sie sich vorstellen würden, sondern eine Befreiung von den Täuschungen der Welt. Wer zur Krippe komme, könne die Welt „unverblümt und ungeschönt wahrnehmen“. Der Heiland der Welt, der in der Futterkrippe liegt, nehme es mit dem Unglück der Welt anders auf: „sozusagen homöopathisch“ – der Retter stecke buchstäblich „noch in den Windeln“. Weihnachten sei deshalb nicht die Zeit der großen gewaltigen Töne, sondern der Töne, „die wir anschlagen, wenn wir ein neugeborenes Kind in Armen halten.“ Die Königsherrschaft Jesu beginne, „wo Menschen der göttlichen Liebe vertrauen“. Die Menschen seien eingeladen, in der Nachfolge dieses sanftmütigen Königs zu bleiben, seine Worte sich zu Herzen zu nehmen und der Welt das Evangelium nicht vorzuenthalten, ja zuweilen entgegen zu setzen.

Landesbischof Gerhard Maier – Evangelische Landeskirche in Württemberg
25. Dezember, 10 Uhr, Schlosskirche Stuttgart, Gottesdienst mit Abendmahl

Jesu Geburt habe Menschen in Bewegung gebracht: Hirten und Könige. In seiner Predigt zum Christfest fragte der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, ob Weihnachten heute noch Menschen in Bewegung bringt. Und wenn ja, wo führt sie hin? Maier hält die Geburt Jesu für den „Ausgangspunkt aller kirchlichen Bewegung“ bis heute. Wenn sich Menschen von dem Kind in der Krippe ansprechen ließen, führte sie dieses Erlebnis „hinein in die Welt“. Mit Weihnachten verbinde sich für Christen der Auftrag, Ausschau zu halten nach Menschen in Not. „Unsere Welt hungert nach Trost in tausend Traurigkeiten“, sagte Maier in der Stuttgarter Schlosskirche am ersten Weihnachtsfeiertag. „Sie ist nicht zufrieden mit politischen Stellungnahmen und Aufzählungen des Negativen. Sie sucht Kontakt zu Gott“. Für die Hirten sei es tröstlich gewesen, das Kind in der Krippe zu finden. Gerhard Maier ist überzeugt, dass Jesus sich auch in der Gegenwart noch finden lässt und Menschen tröstet.

Hannover, den 23, Dezember 2002
Pressestelle der EKD
Zusammenstellung: Christof Vetter