"Statement zur Eröffnung der Woche der ausländischen Mitbürger

Metropolit Augoustinos, Griechisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland

23. September 2000

"Vom Nebeneinander zum Miteinander"

Als ich Anfang der 60er Jahre nach Salzburg und später nach Deutschland kam, konnte ich nicht ahnen, dass mein Lebensweg mich nicht in meine Heimat Kreta zurückführen würde. Hier sollte ich vielmehr meine Lebensaufgabe und meine neue Heimat finden. Ähnlich ging es den meisten meiner Landsleute, die - immerhin erst eine knappe Generation nach dem 2. Weltkrieg - nach Deutschland kamen. Sie waren - und manche von ihnen sind es heute noch - der Überzeugung, dass ihr Aufenthalt hierzulande von begrenzter Dauer sein würde, ohne irgendwelche Folgen für ihre eigene Identität oder gar die des Gastlandes. Nun - die Erfahrung hat uns gezeigt, und wir sind dankbar dafür, dass aus "Gastarbeitern" "ausländische Mitbürger" wurden, ja - im Fall der Griechen etwa - "Mitbürger der Europäischen Union". Eine Bewusstseinsänderung hatte stattzufinden und - lassen Sie mich dies als orthodoxer Bischof einmal sagen - wir sind stolz darauf, dass auch wir dazu ein Stück beitragen konnten. Wenn ich "wir" sage, meine ich nicht nur die Bischöfe und die Pfarrer, sondern die vielen Tausenden von Angehörigen unserer Kirchengemeinden, für die der Schritt vom Nebeneinander zum Miteinander tägliche Aufgabe ist. So war es nur selbstverständlich, dass der "Tag des ausländischen Mitbürgers", wie er einmal hieß, von Anfang an unsere Unterstützung fand, selbst wenn es ja streng genommen in der Kirche gar keine Ausländer gibt... (Paulus schreibt "Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus." <GAL 3,28>Lassen Sie mich dies anhand einiger konkreter positiver Erfahrungen etwas näher ausführen:

  • An vielen Orten in Deutschland entstehen derzeit griechisch-orthodoxe Kirchen und Gemeindezentren, die für uns nicht nur gottesdienstliche Funktion besitzen. Auch geht es nicht darum, nationale Ghettos oder Heimatvereine zu betreiben. Unser Anliegen ist es vielmehr, Stätten der Begegnung und des Dialogs zu schaffen, wo immer es geht, nicht "draußen auf der grünen Wiese", sondern dort wo die Menschen leben, Deutsche und Nicht-Deutsche.

  • Der Gedanke eines geeinten Europas, der - ebenso übrigens wie die Hoffnung auf die deutsche Einheit Jahre lang nicht zum Grundkonsens politischer Sprache gehörte - ist mir persönlich, aber auch vielen meiner Landsleute zunehmend wichtiger geworden. Als griechisch-orthodoxe Christen in Deutschland, die sich als integrativer Bestandteil dieser Gesellschaft verstehen, sind wir bereit, daran mitzuarbeiten. Und auch hier geht es nicht um Abschottung nach außen (Stichwort: Trutzburg Europa), sondern um die Schaffung jenes Klimas, das die Toleranz weit hinter sich lässt und Akzeptanz des Anderen mit sich bringt. Kein Geringerer als Goethe hat dies so formuliert: "Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein. Toleranz muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen." Dass dies in einer weithin entchristlichten Gesellschaft keine einfache Aufgabe ist, versteht sich von selbst.

  • Vor einigen Tagen fuhr der Bürgermeister und der Stadtrat einer rheinischen Kleinstadt nach Griechenland, um eine Städtepartnerschaft mit einer dortigen Stadt einzugehen. Und es war für sie wichtig, bei diesem auf Zusammenarbeit und gegenseitige Annäherung angelegtem Projekt Menschen mitzunehmen, die seit Jahrzehnten in dieser Arbeit engagiert sind. Dass selbstverständlich auch der griechisch-orthodoxe Pfarrer der Stadt Mitglied der städtischen Delegation war, zeigt meines Erachtens welche Aufgaben die Kirchen hier haben. Und es zeigt, dass auch die zahlenmäßig so viel kleinere dritte christliche Kirche des Landes, die Griechisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland, hier tatkräftig mitwirkt. Vielen Dank.

Hannover, 23. September 2000
Pressestelle der EKD