EKD bejaht die Verbesserung der Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften, lehnt aber den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ab

19. September 2000

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) nimmt die heute stattfindende Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zum Anlass, an die von ihr bereits früher vorgetragenen Grundsätze für eine verbesserte Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften zu erinnern und sich auf dieser Basis zu den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen zu äußern. Grundlage ist dabei insbesondere die Stellungnahme, die das Kirchenamt der EKD im Februar d.J. unter dem Titel "Verlässlichkeit und Verantwortung stärken" veröffentlicht hat. Im Blick auf die aktuellen Beratungen hebt die EKD folgende Punkte hervor:

  1. Es ist ethisch geboten, Verlässlichkeit und Verantwortung im menschlichen Zusammenleben zu stärken. Die Verbesserung der rechtlichen Stellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften ist nach Auffassung der EKD dafür ein geeigneter und begrüßenswerter Weg. Es geht hier nicht um eine Alternative zur Ehe, sondern um die Stützung des Willens zum verantwortlichen Umgang miteinander in einer Situation, in der die Lebensform der Ehe nicht gewählt werden kann.

  2. Die unterschiedlichen Ansätze für eine rechtliche Regelung - und so auch die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe - sind aus der Sicht der EKD insbesondere an zwei Kriterien zu messen:

    1. Eine politische Aufwertung und rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften darf nicht auf Kosten der sozialen und rechtlichen Stellung der Ehe gehen. Jede Gesetzgebung muss zunächst der fundamentalen Bedeutung der Ehe Rechnung tragen. Wird für gleichgeschlechtliche Partnerschaften ein eigenes familienrechtliches Institut geschaffen, so ist darauf zu achten, dass nicht eine Verwechselbarkeit mit der Ehe entsteht.

    2. Das auf Dauer angelegte menschliche Zusammenleben und die Formen, die sich kulturell und rechtlich dafür entwickelt haben, sind verletzlich. Darum ist ein äußerst behutsames Vorgehen angebracht. Veränderungen bei den Formen des menschlichen Zusammenlebens vollziehen sich stets in längeren kulturgeschichtlichen Entwicklungen.

  3. Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen vom 4. Juli 2000 findet nicht die Zustimmung der EKD. Bei ihm ist das Bestreben unverkennbar, die ehebezogenen Normen nahezu vollständig auf die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften zu übertragen. Das Abstandsgebot zur Ehe, das sich auch aus dem Grundgesetz ergibt, wird damit nicht gewahrt. Erhebliche Bedenken bestehen u.a. gegen die Begründung der Lebenspartnerschaft vor dem Standesbeamten, die in dieser Form nicht erforderlich ist.

    Der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion vom 23. Juni 1999 vermeidet diese Kritikpunkte. Allerdings versteht er sich ausdrücklich als flexibel und ergänzungsfähig, so dass spätere Erweiterungen sorgfältig zu beobachten wären.

  4. Es verdient Respekt und sorgfältige Beachtung, wenn nicht wenige in Kirche und Öffentlichkeit insbesondere die Risiken einer stärkeren gesellschaftlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften sehen. Aus der Sicht der EKD erscheint es aber vertretbar, sich für rechtliche Regelungen einzusetzen, die dem Ziel dienen, solche Partnerschaften als Verantwortungsgemeinschaften zu festigen.

Hannover, 19. September 2000
Pressestelle der EKD