Gemeinsames Wort zur Woche der ausländischen Mitbürger

Interkulturelle Woche 2000

15. September 2000

Die Woche der ausländischen Mitbürger, die in diesem Jahr auf 25 Jahre ihres Bestehens zurückblicken kann, steht unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist unantastbar".

Dieser Satz wurde gewählt, weil es auch nach 25 Jahren viele Anlässe gibt, auf die Würde des Menschen hinzuweisen und ihre Beachtung einzufordern. Nicht nur in kriegerischen Auseinandersetzungen und politischen Konflikten sind Wohlergehen, Freiheit und Leben von Menschen bedroht. Auch in dem vermeintlich wohlgeordneten Alltag werden Menschen immer wieder aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Minderheit oder Nationalität, aufgrund ihrer Religion, Überzeugung oder aufgrund ihres Geschlechtes benachteiligt und in ihrer Würde verletzt.

Der Respekt vor dem Leben und der Würde eines jeden Menschen hat biblische Wurzeln. Die Vorstellung vom Menschen als dem „Bilde Gottes" stammt aus dem ersten Schöpfungsbericht der Bibel (Genesis / 1. Mose 1, 26f). Die Gottesebenbildlichkeit ist deshalb ein zentraler Begriff für die Beschreibung der besonderen Würde des menschlichen Lebens. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland greift in Artikel 1 Absatz 1 diese Tradition auf und bestimmt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."

Die Christen glauben, dass Gott seine Liebe zu den Menschen auf einmalige Weise in Jesus Christus bekundet hat. In ihm kann jeder Mensch die Anerkennung und Annahme Gottes finden. Er kann diese Zusage nicht verlieren, wie immer sein Leben verläuft. Jeder Mensch darf wissen: „Ich glaube, dass Gott mich und mein Leben will." Jeder Mensch hat Anspruch darauf, dass sowohl staatliche Gewalt als auch andere Menschen diesen Wert und Sinn seines Lebens achten.

Für das Zusammenleben der Menschen hat die Rechtsordnung eine unverzichtbare Bedeutung. Sie soll Leben schützen und Zusammenleben ermöglichen und fördern. In Deutschland sind wir aufgrund der bitteren Erfahrungen des Nationalsozialismus in besonderer Weise auf eine rechtsstaatliche Tradition verpflichtet, die die Würde des Menschen respektiert und Diskriminierungen verhindert.

Die Woche der ausländischen Mitbürger bietet seit ihrem Bestehen die Möglichkeit, gerade die Würde und die Rechte ausländischer Mitbürger ins Bewusstsein und zur Geltung zu bringen. Die Kirchen und die anderen an der Vorbereitung der Woche mitwirkenden Organisationen haben immer wieder gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus protestiert und alle Maßnahmen unterstützt, die dem Schutz von Fremden in unserem Lande dienen. Die jüngst erfolgte Änderung des Staatsangehörigkeitsrechtes ist ein wichtiger Schritt zur Integration und zur Verhinderung von Fremdenfeindlichkeit. Zu seiner Anwendung gehört es, dass nun ausländische Eltern mit Kindern unter zehn Jahren die Möglichkeit nutzen, noch in diesem Jahr Einbürgerungsanträge für ihre Kinder zu stellen.

Die zurückliegenden 25 Jahre der „Woche", die seit rund zehn Jahren auch an vielen Orten Ostdeutschlands durchgeführt wird, sind für uns ein Anlass, allen denen von Herzen zu danken, die sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten für Menschen anderer Sprache und Herkunft sowie ihre Rechte und Würde eingesetzt haben. Wir wünschen den diesjährigen Veranstaltungen einen guten und gesegneten Verlauf.

Präses Manfred Kock
Vorsitzender des Rates der
Evangelischen Kirche in Deutschland

Bischof Dr. Dr. Karl Lehmann
Vorsitzender der
Deutschen Bischofskonferenz

Metropolit Augoustinos
Griechisch-Orthodoxe Metropolie
in Deutschland

Hinweis: Materialien können (kostenpflichtig) beim Ökumenischen Vorbereitungsausschuß zur Woche der ausländischen Mitbürger, Postfach 160646, 60069 Frankfurt/M. Tel.: 069/230605, Fax: 069/230650, bestellt werden.

Hannover, 15. September 2000
Pressestelle der EKD