Pfingsten 2000 - Inspiration und Verständigung

Pfingstbotschaft des EKD-Ratsvorsitzenden, Präses Manfred Kock

09. Juni 2000

Menschen aus allen Völkern treffen an einem Ort zusammen. Sie suchen nach Antworten auf ihre Zukunftsfragen. Da gehen ihnen die Augen und Ohren auf, sie vernehmen eine bisher nicht geahnte Botschaft, sie beginnen, von bislang ungeahnten Chancen und Möglichkeiten zu sprechen. Der Geist von Pfingsten setzt Menschen aus aller Welt in Bewegung und bringt sie über die Grenzen der Sprache, der Kultur und der Religion zusammen. In bunter Vielfalt erfahren sie von Gottes guter Absicht mit jedem einzelnen und mit der ganzen Menschheit.

"Wir hören sie in unseren Sprachen von den großen Taten Gottes reden." Verstehen - das ist der Kern des Pfingstwunders, Verstehen ist nicht eine Frage der Kenntnis von Vokabeln und Grammatik, es ist eine Sache des Herzens. In Wort und Tanz, in Bild und Musik, in Fest und Feier teilen Christen ihre Erfahrungen miteinander. Auf dem zentralen Marktplatz der EXPO in Hannover feiern die Christen an diesem Pfingstsonntag ihren besonderen Tag. In der Vielfalt der Stimmen und der Buntheit der Gewänder wird es darauf ankommen, dass die Verständigung gelingt. Denn Menschen verschiedener Herkunft suchen das Gespräch. Jedes Gesicht bringt seine eigene unverwechselbare Geschichte mit. Jeder erzählt in der besonderen Prägung seiner Heimatsprache: der Rockmusiker aus Brasilien und die Nonne aus Indonesien, die Posaunistin aus Deutschland und der Bischof aus Südafrika.

Die Vielfalt ist eine große Chance für die Menschen. Auf friedlichem Wege können sie über die Grenzen der Kulturen, Sprachen und Religionen hinweg nach Antworten für Zukunftsfragen der Menschheit suchen. Gleichzeitig erleben Menschen immer wieder, wie verwirrend die Vielfalt sein kann. Streit zwischen Nationen, Rassen und Religionen gehört nicht der Vergangenheit an. Darum gilt es, sich zu besinnen auf den Kern des Pfingstfestes.

Wer daran glaubt, lebt anders, wird offen und verständig für Vielfalt, verliert die Angst vor denen, die anders sind und fremd wirken. Kirche Jesu Christi sein, heißt: Ökumene leben, sich als Teil einer weltweiten Gemeinschaft empfinden und gerade darin die eigene Besonderheit erfahren. Wir brauchen unsere je besondere Prägung, unsere Herkunft nicht zu verleugnen. Wo der Anglikaner und die Katholikin, wo der Baptist, der Orthodoxe und die Lutheranerin zusammen beten und feiern, behalten sie ihre Eigenart, aber sie teilen das Gute ihrer Glaubenserfahrung mit allen anderen.

Wer das Wunder von Pfingsten beherzigt, behält die notwendige Gelassenheit und kann beides - die Vielgestaltigkeit unseres Glaubens und die Buntheit der Welt - dankbar als Geschenk annehmen.

Hannover, den 9. Juni 2000
Pressestelle der EKD