"Taufe und Kirchenaustritt"

Theologische Erwägungen der Kammer für Theologie zum Dienst der evangelischen Kirche an den aus ihr Ausgetretenen

17. Mai 2000

Nach deutschem Kirchen- und Staatskirchenrecht handelt es sich beim Kirchenaustritt um einen Rechtsvorgang, durch den ein Kirchenmitglied die Mitgliedschaft in der Kirche, der es bisher angehörte, mit allen Rechten und Pflichten beendigt. Daraus wird - auch in den christlichen Gemeinden und bei den kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - häufig die Schlußfolgerung gezogen, daß mit dem Kirchenaustritt das Getauftsein keine Relevanz mehr besitzt. Diese Fehleinschätzung will die Ausarbeitung der Kammer für Theologie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die im Auftrag des Rates jetzt veröffentlicht wird, überwinden.

Die Taufe hat eine unverlierbare Bedeutung. Das gilt nicht allein für diejenigen, die auf die Taufe als die konkrete und persönliche Zusage der Gnade Gottes mit ihrem Glauben antworten. Es gilt auch für diejenigen, die sich nach ihrer Taufe vom Glauben abwenden und durch den Kirchenaustritt die Gemeinschaft der Glaubenden verlassen.

Die Ausarbeitung wendet sich, wie es im Vorwort des Ratsvorsitzenden, Präses Manfred Kock, heißt, "an kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere im Pfarramt, in der Hoffnung, ... die Gemeinden zu einem Zugehen auf Ausgetretene zu ermutigen". Drei Gesichtspunkte sind dabei besonders hervorzuheben:

  • Wir sollten die Erinnerung an die Taufe und ihre bleibende Bedeutung stärker pflegen: Mit der Taufe und durch sie ist die christliche Wahrheit positiv, persönlich und praktisch an Menschen herangetreten. Das hat die Tauferinnerung immer neu bewußt zu machen. Angebote zur Tauferinnerung dürfen sich nicht nur an Kirchenmitglieder richten, sondern müssen auch denen gelten, die die Kirche verlassen haben.

  • Wir müssen bei dem Personenkreis, der der Kirche nicht angehört, genauer unterscheiden: Kirchensoziologische und theologische Überlegungen haben in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen, daß bei den Kirchenmitgliedern im Blick auf die Gestalt und Intensität der Kirchenmitgliedschaft hilfreiche Differenzierungen vorgenommen werden. Nicht anders ist es aber im Blick auf den Kreis derer, die nicht der Kirche angehören. Es macht einen Unterschied, ob jemand getauft ist oder nicht.

  • Wir dürfen Kirchenaustritte nicht achselzuckend hinnehmen: Eine seelsorgerlich-missionarische Praxis, die den Ausgetretenen nachgeht und sie auf ihre Taufe anspricht, gehört zu den unaufgebbaren Diensten der Kirche. Dabei ist beides ernstzunehmen: das mit dem Kirchenaustritt betonte und ausgesprochene "Nein" des Getauften und das bleibende "Ja" der in der Taufe geschenkten Zugehörigkeit zu Jesus Christus und seiner Gemeinde. Die Einrichtung von "Wiedereintrittsstellen" in den Landeskirchen ist eine der Antworten auf die mit den Kirchenaustritten verbundene Herausforderung.

Hannover, den 17. Mai 2000
Pressestelle der EKD

Die Publikation ist als "EKD-Text" Nr. 66 erschienen und kann kostenpflichtig beim Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Tel. 0511-2796-460, bestellt werden.