Zum Jahreswechsel 1999/2000

EKD-Ratsvorsitzender Präses Manfred Kock

31. Dezember 1999

Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen. (Jahreslosung für 2000 aus Jeremia 29, 13+14)

Die Kirchen haben auch im neuen Jahrtausend der Welt das erlösende Wort zu verkündigen, das sie sich nicht selber sagen kann. Sie werden die Botschaft von dem Gott, der sich in Jesus Christus finden läßt, über den Jahrtausendwechsel hinaus sorgfältig bewahren und sie zugleich immer wieder neu entfalten. Das Versprechen Gottes gilt gerade verunsicherten Menschen, denen mit zerbrochenen Herzen:

"Wenn ihr mich von ganzem Herzen sucht, will ich mich von euch finden lassen", sagt Gott im Buch des Propheten Jeremia. Zur Gottsuche einzuladen und anzusagen, daß er uns - im Kind von Bethlehem - längst gefunden hat, ist auch in den kommenden Jahren die gemeinsame Aufgabe der Kirchen.

In Zukunft werden die Menschen mehr nach dem verbindenden Kern des christlichen Glaubens fragen und weniger nach den historischen Gründen für die Verschiedenheit einzelner kirchlicher Institutionen. Meinungsunterschiede in Einzelfragen können uns nicht entmutigen. Uns Christen verbindet mehr als uns trennt. Denn an vielen Orten feiern katholische und evangelische Christen bereits seit langem ökumenische Gottesdienste und organisieren Feste und Veranstaltungen gemeinsam. Ebenso arbeiten Christen in gemeinsamer Verantwortung für Schwache und Benachteiligte. Auch im Kampf um die Bewahrung des Sonntags vor der Vereinnahmung durch wirtschaftliche Sonderinteressen sprechen die Kirchen mit einer Stimme.

Der Schutz der Menschenwürde und die Auseinandersetzung um ethische Grundfragen fordern uns auf zu mehr Geschlossenheit bei der Verteidigung der christlichen Grundwerte, die unsere Gesellschaft immer noch prägen.

Nicht alles was wir Menschen können, dient der Menschheit wirklich und vieles von dem, was wir hinnehmen, richtet Schaden an. Das gilt für alte wie für neue Bedrohungen. Neben Krieg und Ungerechtigkeit tritt immer stärker die Sorge um die Folgen des Zugriffs auf die Bausteine der menschlichen Erbanlagen.

Christen aller Konfessionen bleiben in der Sorge um Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung verbunden mit den Menschen, denen es auch im anbrechenden Jahrtausend am nötigsten fehlt, und für die das Millennium darum kaum einen Anlaß zu überschäumender Freude bietet. Der Schuldenerlaß für die ärmsten Länder dieser Welt ist auf den Weg gebracht. Damit er möglichst bald Erfolge zeigt, dürfen die christlichen Kirchen, die diesen Prozeß maßgeblich mit angestoßen haben, nicht nachlassen, ihn beharrlich weiter voranzutreiben. Denn dieser Jahrtausendwechsel verdient seine besondere Bedeutung nur, wenn er mehr sein wird als eine festliche Inszenierung für Wohlhabende.

Feste und Feiern dieser Jahreswende werden die persönlichen Sorgen und Nöte vieler Menschen auch hierzulande nicht verdrängen können. Vom Einzelnen werden immer mehr Leistungen gefordert, der Konkurrenzkampf einzelner Unternehmen produziert Opfer, die die Allgemeinheit zu versorgen hat.

Zudem leiden die politisch Verantwortlichen in unserem Land wegen des Verdachts ungesetzlicher Geldtransaktionen und privater Vorteilnahme einzelner unter einem bedrohlichen Glaubwürdigkeitsverlust.

Die Kirchen erinnern mit ihrer Botschaft an den, der uns erfülltes Leben geschenkt hat und nach dessen Geburt wir die Jahre zählen. Auf ihn zählen und mit ihm rechnen wir auch im neuen Jahrtausend. Der unsere Zeit in seinen Händen hält, läßt sich von uns finden. Wir sind eingeladen, ihn mit ganzem Herzen zu suchen.

Hannover, den 31. Dezember 1999
Pressestelle der EKD