EKD zur Situation des Religionsunterrichts in Berlin und Brandenburg:

Religiöse Bildung gehört zum Auftrag der Schule

14. Oktober 1999

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat anläßlich seiner Oktober-Sitzung in Berlin die Situation des Religionsunterrichts in den Berliner und Brandenburger Schulen erörtert. Dabei hat der Rat die Position der EKD bekräftigt, daß religiöse Bildung zum Auftrag der Schule gehört. Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach ist ein unerläßliches Angebot religiöser Bildung und deshalb eine notwendige Aufgabe des Staates. Er gehört zu einem freiheitlichen Umgang mit Pluralität in der öffentlichen Schule. Es ist ein bedauerlicher Mangel, daß Religionsunterricht in den Ländern Berlin und Brandenburg nach wie vor kein reguläres Unterrichtsfach ist. Das kirchliche Unterrichtsangebot wird vielfach an den Rand gedrängt oder organisatorisch benachteiligt. Um der gesellschaftlichen Zukunft und der freiheitlichen Bildung und Erziehung der Kinder und Jugendlichen willen muß Religionsunterricht jedoch einen festen Platz im schulischen Bildungsangebot erhalten.

Der Rat hat bedauert, daß die intensiven und vielfältigen Bemühungen der Kirchen zur Verbesserung der bildungspolitischen und rechtlichen Stellung des Religionsunterrichts in Berlin und Brandenburg bisher nicht zum Ziel geführt haben: Bei den Koalitionsverhandlungen in Brandenburg wurde die Chance vertan, Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach neben dem Fach "Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde" (LER) einzuführen und so die Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht zu erübrigen. Die Kirchen sind in dieser Angelegenheit jederzeit zu einer Einigung mit dem Land Brandenburg bereit. In Berlin wird die bisherige Ausnahmeregelung für kirchlichen Unterricht außerhalb der Stundentafel den Herausforderungen an das Schulwesen der Hauptstadt nicht gerecht. Es ist darum bei den anstehenden bildungspolitischen Entscheidungen dringend notwendig, zu angemessenen Regelungen der schulischen religiösen Bildung zu kommen. Das Abwarten der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Fach LER in Brandenburg wäre verfehlt.

Der Rat unterstützt die Vorschläge der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg und des katholischen Erzbistums Berlin. Danach soll Religionsunterricht in Berlin und Brandenburg Teil einer Fächergruppe werden, in der verschiedene ordentliche Lehrfächer der religiösen, philosophisch-ethischen und weltanschaulichen Bildung einen kooperativen Verbund eingehen. Denn Verständigung und Identität wachsen in der Auseinandersetzung mit klar identifizierbaren Positionen und in der Begegnung mit gelebten Glaubensüberzeugungen.

Als ordentliches Unterrichtsfach einer solchen Fächergruppe könnte auch der Religionsunterricht für muslimische Schülerinnen und Schüler seinen Ort in der Schule finden. Eine vom Staat verantwortete Islamkunde ist eine verfassungswidrige und pädagogisch untaugliche Lösung. Die Mitwirkung der Religionsgemeinschaften bei der inhaltlichen Gestaltung des Religionsunterrichts gehört zu den freiheitlich-demokratischen Prinzipien unseres Staates.

Hannover, den 14. Oktober 1999
Pressestelle der EKD