Zum Streit um die Sonntagsöffnung im Einzelhandel

EKD-Ratsvorsitzender, Präses Manfred Kock

03. August 1999

Die am vergangenen Sonntag erstmals praktizierten neuen Regelungen zur Sonntagsöffnung im Einzelhandel in Berlin sowie Halle und Dessau sollen nach dem Willen ihrer Urheber ein Meilenstein auf dem Weg zur bundesweiten Aushebelung des Ladenschlußgesetzes sein. Die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft reichen damit bewußt die Hände für eine fortschreitende Aushöhlung des Sonntagsschutzes.

Die juristischen Auseinandersetzungen im Vorfeld des letzten Wochenendes zeigen, daß der Streit um das Ladenschlußgesetz eskaliert. Er muß auch von der evangelischen Kirche in schärferer Form geführt werden als bislang.

Die Befürworter der Sonntagsöffnung machen ökonomische Gründe geltend. Abgesehen davon, daß diese selbst von Teilen der Wirtschaft bestritten werden, sind die Argumente der Kirchen in diesem Streit schwerwiegender. Man kann sie gar nicht oft genug in Erinnerung rufen: Der Sonntag ist ein wertvolles Kulturgut der jüdisch-christlichen Tradition. Der regelmäßige Rhythmus von Arbeit und Ruhe tut dem Menschen und der Gesellschaft gut, die Unterbrechung der Arbeit durch den Sonntag ist heilsam. Der Tag des Gottesdienstes verdient besonderen Schutz. Politik und Gesellschaft sollten sich gut überlegen, welchen Preis sie zugunsten wirtschaftlicher Erwägungen zu zahlen bereit sind. Unsere Position sehen wir durch eine Umfrage des Instituts Emnid klar gestützt: Zwei Drittel der Befragten lehnen eine Sonntagsöffnung der Läden ab.

Ich sage es klipp und klar: Wer den Schutz des Sonntags nicht achtet, versündigt sich am biblischen Gebot "Du sollst den Feiertag heiligen". In unserem Staat ist der Sonntag durch das Grundgesetz als allgemeiner "Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung" geschützt. Die Verfassung ist da ganz eindeutig. Und wenn unsere guten Gründe für den Schutz des Sonntags kaltlächelnd abgetan werden, ist es nur folgerichtig, wenn die betroffenen Landeskirchen sich gegen Regelungen, welche die Substanz der Sonntagsruhe gefährden, mit rechtlichen Mitteln wehren. Dafür haben sie die ausdrückliche Unterstützung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Hannover, den 03.08.1999
Pressestelle der EKD