Deutliche Mehrheit für den Religionsunterricht

EKD legt Ergebnisse einer EMNID-Umfrage vor

13. November 2001

Rund 85 Prozent aller Bundesbürger wollen, dass in der Schule auch Themen behandelt werden, die sich mit den Grundwerten und dem Sinn des Lebens beschäftigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage des EMNID-Institutes zum Religions- und Ethikunterricht vom Oktober dieses Jahres. Demnach ist die Mehrheit der 2500 Befragten der Ansicht, dass die Schule über eine verwertungsorientierte Vermittlung von Wissen hinaus auch weltanschauliche und religiöse Fragestellungen thematisieren soll, in unserem Kulturkreis besonders solche nach der Bedeutung von christlicher Religion und Ethik. Wie sollen sie in der Schule vermittelt werden? 56 Prozent der Befragten meinen: "Um in der Schule die Bedeutung von christlicher Religion und Ethik richtig kennen zu lernen, braucht man den Religionsunterricht." 25 Prozent stimmen dem nicht zu. In den alten Bundesländern halten insgesamt 62 Prozent - und sogar 36 Prozent derjenigen, die keiner Konfession angehören - Religionsunterricht für notwendig. In den neuen Ländern, in denen sich der Religionsunterricht in den vergangenen zehn Jahren erst allmählich als ordentliches Lehrfach etablieren konnte, liegt dieser Anteil bei immerhin 33 Prozent.

Auch in Brandenburg sollte Religion ordentliches Lehrfach sein und gleichberechtigt mit dem dort eingeführten Fach "Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde" (LER) auf dem Stundenplan stehen. Dieser Ansicht sind 67 Prozent der Befragten - damit ist die Zahl der "Befürworter" des ordentlichen Lehrfachs Religion fast drei Mal so hoch wie die derjenigen, die den jetzigen Zustand an den Brandenburger Schulen beibehalten möchten (24 Prozent). Selbst in Brandenburg, wo mit etwa einem Viertel eine Minderheit der Bevölkerung einer christlichen Kirche angehört, sprechen sich 49 Prozent dafür aus, dass LER und Religionsunterricht gleichberechtigt auf dem Stundenplan stehen sollten. 40 Prozent halten die bisherige Entwicklung für richtig.

Hannover, 13. November 2001
Pressestelle der EKD

Weitergehende Informationen zur EMNID-Umfrage im Auftrag der EKD finden Sie nachfolgend:


Die Ergebnisse im Einzelnen

Die EKD hat im Rahmen ihres Projektes "Seismograph" eine Repräsentativbefragung zum Religions- und Ethikunterricht in Auftrag gegeben. Sie wurde vom EMNID-Institut im Oktober 2001 unter 2500 Bundesbürgerinnen und -bürgern (deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahren) durchgeführt.

Erste Ergebnisse zeigen deutlich, dass nach Sicht der Befragten die Aufgabe der Schule über eine instrumentelle, verwertungsorientierte Wissensvermittlung weit hinausreicht. Mit 85 Prozent spricht sich eine überwältigende Mehrheit dafür aus, dass in der Schule auch Themen behandelt werden, die sich mit den Grundwerten und dem Sinn des Lebens be-schäftigen. Damit verbinden sich weltanschauliche und religiöse Fragestellungen, in unse-rem Kulturkreis besonders nach der Bedeutung von christlicher Religion und Ethik. Wie sol-len sie in der Schule thematisiert werden? 56 Prozent der Befragten meinen: "Um in der Schule die Bedeutung von christlicher Religion und Ethik richtig kennen zu lernen, braucht man den Religionsunterricht." 25 Prozent stimmen dem nicht zu. In Westdeutschland beja-hen diese Aussage insgesamt 62 Prozent und - besonders erwähnenswert - sogar 36 Prozent der Konfessionslosen. In Ostdeutschland, wo sich der Religionsunterricht in den vergangenen zehn Jahren erst allmählich als ordentliches Lehrfach etablieren konnte, stim-men dieser Aussage immerhin 33 Prozent zu, während 38 Prozent Ablehnung äußern.

"Das Bundesland Brandenburg hat für alle Schüler ein Pflichtfach 'Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde' (LER) eingeführt. Der Religionsunterricht ist in Brandenburg kein ordentli-ches Lehrfach und hat faktisch nur eine Randstellung." Lediglich 24 Prozent finden diese Entwicklung richtig. 67 Prozent - also fast dreimal so viel - sind dagegen der Ansicht, dass LER und Religionsunterricht gleichberechtigt auf dem Stundenplan stehen sollten. Selbst in Brandenburg, wo mit etwa einem Viertel eine Minderheit der Bevölkerung einer christlichen Kirche angehört, ist mit 49 Prozent eine Mehrheit dafür, dass LER und Religionsunterricht gleichberechtigt auf dem Stundenplan stehen sollten. 40 Prozent halten die bisherige Ent-wicklung für richtig. Nur 4 Prozent äußern in Deutschland von sich aus, dieses Thema sei ihnen egal, weitere 4 Prozent geben an nicht zu wissen, um was es dabei geht.

Was das Verhältnis von evangelischem und katholischem Religionsunterricht betrifft, votie-ren 55 Prozent der Befragten für eine Kooperation der beiden Fächer. Lediglich 5 Prozent plädieren für eine strikte Trennung.

Mit 90 Prozent erwarten fast alle vom Religionsunterricht, dass er zu Toleranz und Verstän-digung beiträgt. Ferner soll er christliche Werte vermitteln (78 Prozent das soziale Engage-ment fördern (78 Prozent) und den Schülerinnen und Schülern helfen, eine eigene religiöse Identität zu entwickeln (72 Prozent).

Genauso wird vom Ethikunterricht erwartet, zu Toleranz und Verständigung beizutragen (88 Prozent). Außerdem soll er das soziale Engagement fördern und den Schülerinnen und Schülern helfen, eine eigene weltanschauliche Orientierung zu finden (jeweils 80 Prozent). Es fällt auf, dass 70 Prozent dem Ethikunterricht die Funktion zuweisen, auch über Religion zu informieren.

Was die Lehrenden im Religions- bzw. im Ethikunterricht angeht, besteht ein deutlicher Un-terschied zwischen den Fächern. 56 Prozent der Befragten sind dafür, dass der Lehrer oder die Lehrerin im Religionsunterricht für die eigene Glaubensüberzeugung eintritt, 23 Prozent stimmen dem nicht zu. Eine solche persönliche Profilierung der Lehrkraft wird für den Ethik-unterricht zurückgewiesen (34 Prozent Zustimmung, 39 Prozent Ablehnung). Im Blick auf die Lehrerinnen und Lehrer zeigt sich also, dass die Bekenntnisbindung des Religionsunterrichts erkannt und befürwortet wird.

"Es sollte auch islamischer Religionsunterricht eingerichtet werden." Dafür sprechen sich in Deutschland 48Prozent aller Befragten aus. 30 Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu. Dabei ist zwischen West- und Ostdeutschland zu differenzieren. Im Westen ergibt sich eine mehrheitliche Befürwortung von 51 Prozent. Im Osten überwiegt (bei einer Zustimmung von 35 Prozent) mit 39 Prozent eine ablehnende Haltung. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass dort - abgesehen von Berlin - unter 1 Prozent der Bevölkerung islami-schen Glaubens sind.

Auf die Frage "Besuchen Sie selbst den Religionsunterricht oder haben Sie als Schüler den Religionsunterricht besucht?" antworten 79 Prozent mit "Ja". In Westdeutschland liegt diese Zahl bei 90 Prozent. Der Religionsunterricht gehört dort für fast alle zum biographischen Er-fahrungshorizont. In Ostdeutschland bejahen die gestellte Frage 35 Prozent wobei sich hier viele Menschen in der Beantwortung auf die sogenannte Christenlehre beziehen werden, die von den Kirchen in der ehemaligen DDR ursprünglich einmal als Ersatz für den schulischen Religionsunterricht konzipiert wurde.

Die Erfahrungen in der Bevölkerung mit dem Religionsunterricht sind vielfach sehr positiv. 77 Prozent der Befragten sagen: "Im Religionsunterricht habe ich Grundkenntnisse im Chris-tentum erworben", 65 Prozent erklären: "Im Religionsunterricht habe ich manches gelernt, was heute noch für mich wichtig ist" und 61 Prozent stellen fest: "In den Religionsunterricht bin ich gern gegangen". Nur 16 Prozent der Befragten meinen: "Der Religionsunterricht war /ist vertane Zeit".

Hannover, 13. November 2001
Pressestelle der EKD

Für Rückfragen stehen im Kirchenamt der EKD zur Verfügung:
Petra-Angela Ahrens (Tel. 0511 / 2796 - 359)
und Matthias Otte (Tel. 0511 / 2796 - 241)