"Kraft gegen die Mutlosigkeit"

EKD-Ratsvorsitzender predigt zur Eröffnung des Evangelischen Kirchentages

16. Juni 1999

Aus dem Zuspruch Jesu "Ihr seid das Salz der Erde" erwächst nach den Worten des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, eine "Kraft gegen die Mutlosigkeit" vieler Christen. Dies sagte Kock in seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst des 28. Deutschen Evangelischen Kirchentages heute, 16. Juni, in der Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyer-Halle. Das Bibelwort "Ihr seid das Salz der Erde" ist die Losung des diesjährigen Kirchentages.

Das nach den Worten des Ratsvorsitzenden "großartige Hoffnungsbild" des Salzes gewinne heute neu an Bedeutung, "wo Christsein nicht selbstverständlich ist und Christengemeinden wieder in eine Diasporasituation geraten". Dem Leben in der Zerstreuung (Diaspora) werde die Streuwirkung des Salzes entsprechen, ermutigte Kock die mehreren Tausend Kirchentagsgäste in der Schleyer-Halle.

Christinnen und Christen haben nach Ansicht des rheinischen Präses "viele Möglichkeiten, die lebenserhaltende Botschaft mit Wort und Tat weiterzugeben". Auch dort, wo ihre Zahl klein sei, könne Entscheidendes geschehen. Manfred Kock wörtlich: "Auch wenn in einzelnen Gottesdiensten sich nur kleine Gemeinden sammeln, immer wird daran erinnert, daß Menschen nicht bloß Konsumenten und Arbeitsmaschinen sind, sondern Gottes geliebte Söhne und Töchter." Die Taten der Christen seien oft nur punktuell und zeichenhaft, doch sie erinnern so der Ratsvorsitzende - immer daran, "daß die Würde des Menschen unabhängig ist von dem, was einer zahlen und zählen kann.

Kock warnte die Kirche davor, sich in kleinen Gruppen von der Welt abzuschotten. So wie Salz nichts um seiner selbst willen nütze, sei Christsein nicht Selbstzweck, sondern vielmehr Hingabe und Dienst. Eine Kirche, die sich ohne Not "in Konventikel und Katakomben verkriecht", sei "dummes, kraftloses Salz". "Gott liegt an dieser Welt. Er liebt diese Welt. ... Das können wir Christen bekennen, auch wenn wir eine kleine Kirche geworden sind", appellierte der Ratsvorsitzende an die Kirchentagsgemeinde.

Meistens könnten Christen nur kleine Zeichen der Nachfolge Jesu geben. Aber es gebe überall im Lande "kleine Projekte, die Mut machen". Als Beispiele nannte Präses Kock unter anderem die Arbeit von Frauen in vielen Gruppen und Gemeinden, Partnerschaften mit Christen in aller Welt, den Einsatz gegen die Einsamkeit der Alten, gegen die Mißachtung von Fremden, gegen das Wachsen neuer Vorurteile und Rassismus.

"Christliche Alternativen für diese Gesellschaft anbieten, das bedeutet nicht, ein neues Zeitalter klerikaler Besserwisserei auszurufen. Aber wir Christen müssen wissen, wo wir stehen", hob der Ratsvorsitzende hervor. Nur von einem eigenen bewußten Standpunkt aus werde es gelingen, "Kirche für andere" zu sein. Der Welt, die an Geld und Rentabilität orientiert sei, müßten Wert und Würde der Menschen eingeschärft werden.

Stuttgart/Hannover, den 16. Juni 1999
Pressestelle der EKD