Spitzengespräch zwischen Bündnis 90/Die Grünen und der EKD

Dialog soll fortgesetzt und intensiviert werden

16. Juni 1999

Zu einem intensiven Meinungsaustausch trafen am 14. Juni 1999 Vertreterinnen und Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen und der EKD im Haus des Bevollmächtigten des Rates der EKD in Bonn zusammen.

Im Mittelpunkt der Begegnung standen Diskussionen zur Situation im Kosovo, zur Ordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche, zu den Steueränderungsgesetzen der Regierungskoalition und der Finanzlage der Kirchen, zur Stellung der Familie in der Verfassung, zu rechtlichen Regelungen für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften sowie zur internationalen Verschuldung.

Die Beendigung der Kampfhandlungen in der Bundesrepublik Jugoslawien, speziell im Kosovo, bildet eine entscheidende Voraussetzung für eine politische Konfliktlösung. Bündnis 90/Die Grünen und die EKD sind über diese Entwicklung sehr erleichtert und danken allen, die zu diesem Ergebnis ihren Beitrag geleistet haben.

Die Stellung von Ehe und Familie in der Gesellschaft wurde kontrovers diskutiert. Einig ist man sich darin, daß Verantwortungsgemeinschaften gestärkt und geschützt werden müssen. In der Frage der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften gibt es einen Konsens darüber, daß ein Regelungsbedarf besteht. Differenzen gibt es über Modelle der Umsetzung.

Übereinstimmung gibt es darin, daß der Religionsunterricht auf der Basis der grundgesetzlichen Regelungen integraler Bestandteil des Bildungsauftrages der Schule ist und auch in Zukunft von pädagogischer und gesellschaftlicher Bedeutung ist. Die Gesprächsteilnehmer sehen es als wünschenswert an, daß Religionsunterricht für muslimische Schülerinnen und Schüler als ordentliches Lehrfach eingeführt wird.

Die Kirchen rechnen mit großen Einnahmeverlusten bei der Kirchensteuer. Gründe hierfür liegen auch bei den Auswirkungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2002, dem Familienentlastungsgesetz sowie der geplanten Unternehmenssteuerreform. Am 6. Mai 1999 hat zu diesem Themenbereich bereits ein Gespräch stattgefunden, das von beiden Seiten als außerordentlich konstruktiv empfunden wurde. Bündnis 90/Die Grünen werden die Sorge um die gesellschaftlichen Wirkungsmöglichkeiten der Kirchen unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips berücksichtigen.

Beide Seiten unterstützen die Initiativen zu einer Lösung der internationalen Verschuldungskrise. Entwicklung braucht Entschuldung. Die Kampagne Erlaßjahr 2000 leistet hier einen unverzichtbaren Beitrag. Es gibt eine gemeinsame Beunruhigung in der Analyse, daß die Aufgaben der internationalen Solidarität und des Umweltschutzes in der Öffentlichkeit zunehmend weniger Aufmerksamkeit finden.

Beide Seiten wollen das Gespräch zwischen Bündnis 90/Die Grünen und der EKD auf der erreichten vertrauensvollen Basis weiterführen. Der schon selbstverständliche und regelmäßige Dialog soll fortgesetzt und wenn möglich intensiviert werden.

Von Bündnis 90 / Die Grünen nahmen an dem Gespräch teil:

Dr. Antje Vollmer, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages
Kerstin Müller, Fraktionsvorsitzende
Christa Nickels, PSt BMG, kirchenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion
Dr. Uschi Eid, PSt BMZ
Katrin Göring-Eckardt, gesundheitspolitische Sprecherin, stv. PGF
Volker Beck, rechtspolitischer Sprecher
Christine Scheel, finanzpolitische Sprecherin
Klaus Müller, finanzpolitischer Sprecher
Michael Wedell, wiss. Mitarbeiter Christa Nickels
Gunda Röstel, Bundesvorstandssprecherin
Antje Radke, Bundesvorstandssprecherin
Reinhard Bütikofer, polit. Bundesgeschäftsführer
Dr. Michael Rumphorst, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft ChristInnen bei den Grünen.

Auf der Seite des Rates der EKD nahmen teil:

Präses Manfred Kock, Vorsitzender des Rates der EKD
Hermann Gröhe, MdB und Mitglied des Rates der EKD
Robert Leicht, Redakteur und Mitglied des Rates der EKD
Frau Dr. Ruth Leuze, Rechtsanwältin und Mitglied des Rates der EKD
Dr. Jürgen Schmude, Präses der Synode der EKD
Dr. Eckhart von Vietinghoff, Präsident des Landeskirchenamtes Hannover, Mitglied des Rates
Bischof Eduard Berger, Leitender Geistlicher der Pommerschen Evangelischen Kirche
Bischof Dr. Hartmut Löwe, Bevollmächtigter des Rates der EKD
Dr. Hermann Barth, Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD
Oberkirchenrat Dr. Joachim Gaertner, Stellvertreter des Bevollmächtigten des Rates der EKD

Hannover/Bonn, 16. Juni 1999
Pressestelle der EKD

Hinweis: Diese Pressemitteilung wird zeitgleich in Hannover und Bonn veröffentlicht.