Kock zum Kirchentagsauftakt: Unsere Stärke ist die von Gott geschenkte Kraft

Predigt des EKD-Ratsvorsitzenden im Frankfurter Dom St. Bartholomäus

13. Juni 2001

Die Losung des 29. Deutschen Evangelischen Kirchentages „Du stellst unsere Füße auf weiten Raum“ weist nach den Worten des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, auch darauf hin, dass „unsere Stärke“ nicht unsere eigene sei, sondern „die von Gott geschenkte Kraft“. Dies gebe auch Spielraum, „unsere Grenzen zu bedenken“, betonte der EKD-Ratsvorsitzende im Eröffnungsgottesdienst des Kirchentages im Frankfurter Dom St. Bartholomäus angesichts der aktuellen Debatte um die Entwicklungen in Gentechnik und Biomedizin. „Unser Selbstverständnis als Menschen steht auf dem Spiel“, warnte Kock in seiner Predigt. Man wolle menschliches Leben verwenden, um Heilerfolge bei schweren Krankheiten zu erzielen: „Dabei werden uns die Hoffnungen rosig gemalt, und die Risiken werden verschwiegen“.

Kock ging in seiner Predigt über das Losungswort auf das befreiende Handeln Gottes in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ein. Er wies unter anderem auf die grundlegende Veränderung der politischen Verhältnisse in Europa und der Welt hin. Zuvor habe der Ost-West-Konflikt und die mit ihm verbundene nukleare Konfrontation „uns manchmal vor Angst das Herz abgeschnürt“. „Und dann fiel vor mehr als einem Jahrzehnt der Eiserne Vorhang. Gott hat unsere Füße auf weiten Raum gestellt“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Andererseits seien die ökonomischen Unterschiede noch groß, ethnische Spannungen führten zu „schrecklichen Bürgerkriegen“. Er habe das Gefühl, in der Friedenspolitik machten sich „wieder Ratlosigkeit und Verzagtheit breit“. Kock fragte: „Haben wir so schnell vergessen, dass uns Gott aus einem schier unlösbaren Dilemma befreit hat?“ Der Ratsvorsitzende rief die demokratischen Staaten auf, gemeinsam den Waffenhandel zu unterbinden, insbesondere mit Kleinwaffen, „die man Kindern in die Hand zwingt und mit denen die vielen kleinen schmutzigen Kriege überwiegend geführt werden“.

Gott stelle die Menschen nicht nur in die Freiheit hinein, sondern „er begleitet uns, hört unsere Klage, unseren Schrei in der Not“, sagte der Ratsvorsitzende vor den Kirchentagsbesuchern weiter. Das Psalmwort „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ könne als „tröstliche Gewissheit in den Extremsituationen des Lebens“ erlebt werden. Die Kirchen haben „diese Einladung des Glaubens weiterzugeben, wo alle anderen schweigen“, erklärte Kock mit Blick auf Opfer von Unfällen oder Katastrophen, die eine Stadt oder eine ganze Region erschütterten. Der EKD-Ratsvorsitzende wörtlich: „Es gibt Situationen, in denen auch die säkularisierten Zeitgenossen dankbar sind, dass es so etwas gibt wie festen Halt im freien Raum“. Die „fremdgewordene Botschaft der Bibel“ habe dann „plötzlich eine Kraft, dass Menschen wieder Boden unter den Füßen spüren“.

Frankfurt (Main)/Hannover, den 13. Juni 2001
Pressestelle der EKD