Zum Krieg in Jugoslawien

EKD-Ratsvorsitzender, Präses Manfred Kock

20. April 1999

Nach vier Wochen ist immer noch kein Ende des Krieges in Jugoslawien abzusehen. Vielen schien der militärische Eingriff das einzige Mittel zu sein, den Kosovoalbanern ihre Lebensgrundlage, ihre Heimat und ihre Menschenwürde zu bewahren. Aber das Ziel ist bisher nicht erreicht. Den Belgrader Diktator und seine Helfer treiben die Luftangriffe offenbar nur an, mit noch größerer Brutalität die albanische Bevölkerung aus dem Kosovo zu vertreiben. Den Angriffen der NATO-Streitkräfte fallen auch unschuldige Menschen zum Opfer, darunter solche, die man vor Unrecht und Gewalt schützen will.

Darum gilt es, jede Chance zu nutzen, damit der Krieg gestoppt wird. Der Plan der Bundesregierung zur Beendigung des Krieges unter Beteiligung der Vereinten Nationen und damit auch Rußlands muß mit Intensität weiter verfolgt werden.

Auch für die Kirche gibt es Möglichkeiten zu handeln:

  1. Wir dürfen nicht nachlassen, beharrlich um den Frieden zu beten. Wir bringen unsere Klage, unsere Zweifel und unsere Angst vor Gott. Wir beten für die Opfer. Für die Verantwortlichen und für uns bitten wir um Weisheit und Kraft, damit die richtigen Entscheidungen getroffen werden.

  2. Wir dürfen nicht nachlassen, den Kriegsflüchtlingen zu helfen. Das fremde Leid geht vielen Menschen in unserem Land zu Herzen. Auch das Diakonische Werk der EKD hilft vor Ort und benötigt dafür Ihre Spende. Die Flüchtlinge, die in Deutschland aufgenommen werden, verdienen Schutz, Gastfreundschaft und Hilfe im Alltag.

  3. Wir dürfen die Verbindungen zu den Christen in der Kriegsregion nicht abreißen lassen. Das gilt besonders für die orthodoxen Brüder und Schwestern in Serbien, auch wenn die politische Lage unter uns verschieden beurteilt wird. Wir müssen die zu Frieden und Versöhnung bereiten Kräfte stärken, damit sie ihrerseits die Regierenden zur Abkehr von der Gewalt drängen. Die EKD ist an den entsprechenden Bemühungen der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) beteiligt.

    Wir müssen auch das Gespräch mit den Serben und den Albanern in Deutschland suchen. Wir müssen die gewachsenen nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen uns für den Frieden nutzen.

  4. Wir werden unser Engagement für den Aufbau eines Zivilen Friedensdienstes verstärken müssen. Wir dürfen es in Europa nicht dazu kommen lassen, daß der Griff zu militärischen Mitteln künftig zum Regelfall bei der Konfliktlösung wird. Wir brauchen mehr Menschen, die gewaltfreie Methoden der Vermittlung und des Interessenausgleichs in Krisensituationen beherrschen.

Die friedensethische Diskussion ist notwendig und der Streit um die richtige Position unserer Kirche unumgänglich. Doch dürfen sie diese konkreten Handlungsmöglichkeiten nicht in den Hintergrund drängen. Denn es geht um rasche Hilfe für die Menschen in der Region, die Frieden brauchen. Es geht um die Betreuung der Flüchtlinge mit ihren traumatischen Erfahrungen. Es geht um Unterstützung für die Helferinnen und Helfer in den verschiedenen Organisationen, die vor Ort bis zur Erschöpfung arbeiten. Es geht um die seelsorgerliche Begleitung und Fürbitte für die Soldaten und ihre Familien. Sie sind diejenigen von uns, die am unmittelbarsten die Konsequenzen politischer Entscheidungen zu tragen haben. Und es geht um unsere Fürbitte für die Politikerinnen und Politiker, die vor der Aufgabe stehen, in dieser Situation gangbare Wege zum Frieden zu finden. Die Gewalt muß ein Ende haben.

Hannover, den 20. April 1999
Pressestelle der EKD

Spenden unter dem Stichwort "Kosovo" erbittet das Diakonische Werk der EKD, Stuttgart, Konto-Nummer 502 707 bei der Postbank Stuttgart, BLZ 600 100 70.