Der EKD-Ratsvorsitzende zum Auftakt der Synode in Friedrichroda

"Auseinanderdriftende Gesellschaft vor dem Zerbrechen bewahren"

23. Mai 1997 (1. Tagung der 9. Synode der EKD)

Für eine Bewegung der Christen "hin zur Gesellschaft mit ihren Nöten" hat sich der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt, zu Beginn der in Friedrichroda/Thüringen tagenden EKD-Synode eingesetzt. "Wir brauchen im Angesicht der Menschwerdung Gottes in der Welt keine Zuschauerrolle einzunehmen. Unser Denken, Beten und Handeln ist gefragt", appellierte Engelhardt im Bericht des Rates der EKD. Die 120 Mitglieder der 9. Synode treffen sich vom 23. bis 25. Mai zur konstituierenden Tagung für ihre sechsjährige Amtsperiode.

Engelhardt knüpfte in seiner Rede an den Vortrag des Theologen Karl Barth "Der Christ in der Gesellschaft" an, den dieser 1919 im Friedrichroda benachbarten Tambach gehalten hatte. Der Christ in der Gesellschaft sei der Christus. "Gott ist es, der den Menschen die Treue hält". Dies sei die einzige Voraussetzung, aus der heraus die Kirche eine gestaltende Kraft in der Gesellschaft gewinnen könne. "In Christus wird die Kirche über eine bindende Kraft verfügen, um eine auseinanderdriftende Gesellschaft vor dem Zerbrechen zu bewahren", betonte der Ratsvorsitzende.

Der Anfang der neuen Synodalperiode falle in eine Zeit, in der "viele Menschen in unserer Gesellschaft das Gefühl haben, am Ende ihres Lateins zu sein", meinte Landesbischof Engelhardt. "Selbstverständliche Denkgewohnheiten, altbewährte Handlungsmuster greifen nicht mehr". Kirchenleitende Organe wie die EKD-Synode versuchten ebenso wie die Menschen in den Gemeinden den gesellschaftlichen Ort ihres Glaubens neu zu bestimmen. Die Christen sollten sich von Gott in Bewegung bringen lassen - "weg von der ständigen Sorge um uns selbst".

Die Mitarbeit der Christen in der Gesellschaft habe Karl Barth als "solidarische Verantwortlichkeit" charakterisiert, führte der Ratsvorsitzende aus. Die Grundlagen christlicher Weltgestaltung seien auch Fundament der Arbeit an dem Gemeinsamen Wort der evangelischen und katholischen Kirche zur wirtschaftlichen und sozialen Lage gewesen.

Friedrichroda, 23. Mai 1997
Pressestelle der EKD