Engelhardt mahnt zur "strukturellen Konzentration" in der EKD

Für Reform der konfessionellen Gliederungen und mehr Kooperation von Landeskirchen

2. November 1997 (2. Tagung der 9. Synode der EKD)

Für eine "strukturelle Konzentration" in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat sich der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt, eingesetzt. In seinem Bericht vor der heute (2. November) in Wetzlar beginnenden Synode der EKD kritisierte Engelhardt die Undurchsichtigkeit der Strukturen innerhalb der evangelischen Kirche. Er nannte in diesem Zusammenhang unter anderem die konfessionelle Aufgliederung des Protestantismus in lutherische, reformierte und unierte Kirchen. Die Menschen könnten kaum noch den Unterschied zwischen evangelisch und katholisch realisieren, da werde ihnen auch noch diese Unterscheidung zugemutet.

Acht der 24 Landeskirchen im Bereich der EKD sind in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) zusammengeschlossen, daneben gibt es zwei weitere lutherische Kirchen. Sieben Landeskirchen bilden die Evangelische Kirche der Union (EKU), fünf weitere Kirchen sind ebenfalls uniert. Schließlich gibt es zwei reformierte Landeskirchen.

Konfessionellen Zusammenschlüssen wie der VELKD oder der EKU billigte der Ratsvorsitzende theologisches Gewicht auch "zum Nutzen der EKD" zu. Ihre Aufgaben müßten aber neu organisiert und Doppelarbeit vermieden werden, um Kräfte zu bündeln und Geld zu sparen. Engelhardt legte den Synodalen einen persönlichen Vorschlag für eine Strukturreform vor: Unter dem Dach der EKD könnten sich Sektionen oder Arbeitsgemeinschaften jeweils der lutherischen, der unierten und der reformierten Kirchen bilden. Die in diesen Gliederungen zusammengeschlossenen Landeskirchen könnten bei den Synoden der EKD jeweils eine Zeitlang gesondert tagen, um ihre besonderen Belange zu beraten. "Der deutsche Protestantismus hätte eine Dachorganisation, in der die konfessionelle Gliederung ausreichend und angemessen berücksichtigt wäre", sagte Engelhardt.

Die Vielzahl der evangelischen Landeskirchen - es sind derzeit 24 - halte er nicht für problematisch, fuhr der Ratsvorsitzende fort, wohl aber ihre größenmäßige Unausgeglichenheit. Bei einer Neuordnung der landeskirchlichen Landschaft sollten nicht einfach pauschal kleine mit großen Landeskirchen zusammengelegt werden. "Geistliche Leitung braucht überschaubare Größenverhältnisse: Wir haben nicht nur zu kleine, wir haben auch zu große Landeskirchen", stellte Engelhardt fest. Er sprach sich zugleich für Vereinbarungen zur gemeinsamen Verwaltung etwa im Personal-, Finanz- oder Grundstückswesen aus. Die kleinen und kleinsten Landeskirchen seien durch die administrativen Aufgaben in besonderer Weise belastet. In diesem Zusammenhang betonte der Ratsvorsitzende, die im Kirchenamt der EKD vorhandenen Ressourcen böten sich an, Aufgaben gemeinsam zu tragen, die bisher von einzelnen Landeskirchen wahrgenommen wurden. "Wir brauchen bei allem Sparbemühen mehr denn je ein leistungsfähiges Kirchenamt der EKD". Dieses sei eine "ausdifferenzierte, mit hoher Sachkompetenz ausgestattete Dienstleistungseinrichtung für die EKD und ihre Gliedkirchen".

Engelhardt betonte weiter, die Vereinigung der westdeutschen EKD mit dem ostdeutschen Bund der Evangelischen Kirchen habe die EKD auch im Westen verändert. Die Menschen aus dem Osten "leben uns vor, wie tiefgreifende Veränderungen bis in den Lebensalltag hinein" bewältigt werden können. Von diesem Kapital könne man auch in den Landeskirchen im Westen profitieren, wo die "Wucht der Veränderung" erst jetzt deutlich werde.

Wetzlar, 2. November 1997
Pressestelle der EKD