EKD-Ratsvorsitzender: Gemeinsames Wort Prüfstein auch für neue Bundesregierung

1. November 1998 (3. Tagung der 9. Synode der EKD)

Aus der Botschaft von der Rechtfertigung leitete Kock Orientierungen in gesellschaftlichen und ethischen Fragen ab. Das Gemeinsame Wort der Kirchen zur wirtschaftlichen und sozialen Lage von 1997 bleibe der Prüfstein auch für die Politik der neuen Bundesregierung. Dies betonte der EKD-Ratsvorsitzende Manfred Kock in seinem Bericht zum Auftakt der in Münster tagenden Synode der EKD. Die neue Regierung müsse "jetzt zeigen, was sie bewegen kann, gerade bei der Überwindung der Massenarbeitslosigkeit". Das Gemeinsame Wort habe nachdrücklich in Erinnerung gebracht, daß die Stabilität der Gesellschaft auf den Grundpfeilern "wirtschaftliche Leistungskraft" und "sozialer Ausgleich" beruhe, sagte Kock.
Der EKD-Ratsvorsitzende hob das Engagement der christlichen Kirchen für die Familien hervor. "Wir brauchen für die Familien günstigere gesellschaftliche Rahmenbedingungen." So müßten Frauen und Männer Beruf, Ausbildung und Familie besser miteinander vereinbaren können. Eine Steuerreform solle gerade die Familien deutlich entlasten.

Kock setzte sich ferner für eine verstärkte rechtliche Integration "der bei uns lebenden Ausländer" ein, eingeschlossen die Möglichkeit einer doppelten Staatsangehörigkeit. Zugleich warnte er vor Illusionen. Geschichte und Gegenwart lehrten, daß auch deutsche Staatsbürgerschaft und ein gesicherter Rechtsstatus nicht vor Diffamierung, Ausgrenzung, Gewalt und Verfolgung bewahrten. Der Ratsvorsitzende wies Behauptungen entschieden zurück, die Ausländer trügen "Schuld an den sozialen Mißständen in unserem Land". Unter den Geboten Gottes gebe es wenige, "die dem Schutzgebot gegenüber Fremden und Flüchtlingen an Gewicht und Eindeutigkeit gleichkommen".

Im Blick auf die Frage, ob die Bundesregierung das Europäische Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin (Bioethik-Konvention) unterzeichnen solle, räumte Kock ein, daß es in der evangelischen Kirche unterschiedliche Positionen gebe. Es sei ungeklärt, "ob ein Beitritt zur Konvention die deutschen Standards auf Dauer sichert oder schwächt".

Präses Kock hob außerdem den zentralen religiösen Inhalt des Sonntages als "Tag des Herrn" hervor. Er sei auch ein "unersetzliches Gut der Sozialkultur", indem er gemeinsame Zeit für Familie, Freunde und Nachbarn biete. Die evangelische Kirche werde sich gegenüber Wirtschaft, Gewerkschaften und der neuen Bundesregierung weiter für verläßliche Regelungen zum Schutz von Sonn- und Feiertagen einsetzen.

Münster, 1. November 1998
Pressestelle der EKD