Kock zu friedensethischen Positionen: Zivile Friedensdienste stärker fördern

Schwangerschaftskonflikte: Rat hält an Beteiligung an der Pflichtberatung fest

7. November 1999 (4. Tagung der 9. Synode der EKD)

Der EKD-Ratsvorsitzende Präses Manfred Kock hat sich für eine stärkerer Förderung ziviler Friedensdienste ausgesprochen, ergänzend zur "nach wie vor notwendig bleibenden militärischen Friedenssicherung". Kock wies im Bericht des Rates der EKD zum Auftakt der in Leipzig tagenden EKD-Synode darauf hin, dass der Kosovo-Krieg erneut auf das grosse Defizit in Bezug auf Massnahmen zur zivilen Konfliktbearbeitung aufmerksam gemacht habe. Die zivilen Friedensdienste seien für "effiziente präventive nicht-militärische Einsätze zur Deeskalation von Spannungen" bislang nur unzulänglich ausgestattet. Die Kirche werde ihr Engagement in diesem Bereich verstärken müssen, erklärte der Ratsvorsitzende, allerdings werde sie "nur exemplarisch handeln können". Die wesentlichen finanziellen Lasten für einen Ausbau ziviler Friedensdienste werde der Staat tragen müssen. Die Kosten derartiger Maßnahmen liegen - so Kock - in jedem Fall niedriger als Kriegs- und Kriegsfolgekosten.

Der Ratsvorsitzende legte im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zum Kosovo-Krieg die friedensethischen Grundpositionen der evangelischen Kirche dar. Anders als noch zu Zeiten der Ost-West-Konfrontation und der nuklearen Abschreckung werde der Einsatz militärischer Gewalt als "ultima ratio" (äußerstes Mittel) anerkannt. Ein militärischer Einsatz sei jedoch nur vertretbar als "Intervention der Völkergemeinschaft unter der Herrschaft des Rechts". Die Vereinten Nationen müßten hierzu entsprechend ausgestattet werden, verlangte Präses Kock. Ferner sei vor Anwendung militärischer Gewalt zu klären, ob die Mittel geeignet seien, die humanitären Ziele auch tatsächlich zu erreichen.

Kock äusserte sich in seinem Bericht eingehend zu den ökumenischen Beziehungen zwischen evangelischer und katholischer Kirche. Er würdigte ausdrücklich die Verständigung in Fragen der Rechtfertigungslehre, die vor einer Woche in Augsburg feierlich besiegelt wurde. Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre markiert nach den Worten des Ratsvorsitzenden "eine bedeutsame Annäherung zwischen allen reformatorischen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche in zentralen Fragen der christlichen Lehre. Das jetzt Erreichte bedeute jedoch nicht, "dass damit Kirchengemeinschaft verwirklicht" ist. Als anstehende Diskussionspunkte benannte Kock unter anderem das Verhältnis von Heiliger Schrift und kirchlicher Lehre sowie das Verständnis der Ämter in den Kirchen (vor allem die Bedeutung des Papstamtes) und der Sakramente. "Schon jetzt ist es aus unserer evangelischen Sicht möglich, dass wir einander zur Teilnahme am Heiligen Abendmahl einladen", bekräftigte Kock. Er hoffe inständig, dass in der katholischen Kirche die Bereitschaft wachse, die von den Gliedkirchen der EKD bereits vor über 20 Jahren ausgesprochene Einladung bald zu erwidern. Vielleicht bestehe die eigentliche Bedeutung von Augsburg darin, dass sie die Ungeduld in den Gemeinden verstärke, "damit die Fronten des 16. Jahrhunderts verlassen werden".

Der EKD-Ratsvorsitzende betonte, dass es in der Frage des Schutzes des ungeborenen Lebens zwischen evangelischer und katholischer Kirche eine "grundsätzliche Übereinstimmung" gebe. Die Kirchen wollten, soweit es in ihren Kräften stehe, zur Vermeidung von Schwangerschaftsabbrüchen beitragen. Kock wörtlich: "Genau deshalb hält der Rat der EKD nach wie vor an der Beteiligung der evangelischen Kirche am System der Pflichtberatung fest." Diese Bereitschaft dürfe nicht als leichtfertiger Umgang mit werdendem Leben diskreditiert werden, verlangte der Vorsitzende. Wer die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche tatsächlich vermindern wolle, müsse den Frauen in den realen Entscheidungssituationen beistehen, also auch in der Pflichtberatung. Der Ratsvorsitzende bekundete seine Hochachtung vor den Beraterinnen, die sich diesen Konflikten Tag für Tag aussetzen.

Leipzig, den 7. November 1999
Pressestelle der EKD