Gespräch EKD und SPD

Gemeinsame Presseerklärung

12. Februar 2001

Gemeinsame Presseerklärung über die Begegnung des Präsidiums der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands mit Vertretern des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland

Das Präsidium der SPD unter der Leitung des SPD-Vorsitzenden, Bundeskanzler Gerhard Schröder, und Vertreter des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland unter Leitung des Ratsvorsitzenden, Präses Manfred Kock, sind am 12. Februar 2001 in Berlin zu einem zweistündigen Gespräch zusammengetroffen.

Gesprächsthemen waren Fragen der ethischen und politischen Rahmensetzung zu Möglichkeiten der Gentechnik, Fragen der Zuwanderungspolitik und der Abwehr des Rechtsextremismus, die Erweiterung der Europäischen Union und der Beitrag der Kirchen im Europäischen Einigungsprozess sowie Fragen der Entwicklungspolitik.

Übereinstimmend stellten die Gesprächspartner fest, dass bei der anstehenden Regelung einer bedarfsorientierten Zuwanderung das Asylrecht nach Artikel 16 des Grundgesetzes sowie der Schutz von Kriegsflüchtlingen nicht eingeschränkt werden darf. Nachdrücklich forderten die Vertreter der EKD eine Europäisierung der Zuwanderungs- und Asylpolitik. Beide Gesprächspartner begrüßten das breite gesellschaftliche Bündnis gegen jede Form von Radikalismus. Die Abwehr gegen den Rechtsextremismus, insbesondere bei Jugendlichen, bedürfe verstärkter Anstrengungen in Erziehung und Bildung. Dabei komme der Werteerziehung im Bildungsbereich große Bedeutung zu, gerade auch durch den schulischen Religions- und Ethikunterricht.

Der Rat der EKD begrüßte die Charta der Grundrechte für die Europäische Union als einen Schritt in Richtung einer europäischen Verfassung, wodurch Europa stärker als eine Wertegemeinschaft erfahren werden könne. Die Evangelische Kirche werde gemeinsam mit den Kirchen in den übrigen europäischen Ländern im europäischen Erweiterungs- und Einigungsprozess ihren Beitrag leisten. Seitens der SPD wurde die gesellschaftliche und politische Mitwirkung der Kirchen gewürdigt; dies solle auch in den künftigen europäischen Strukturen erhalten bleiben.

Mit Sorge sprachen die evangelischen Gesprächspartner die Diskussion um die Nutzung gentechnologischer Möglichkeiten an. Das sogenannte "therapeutische Klonen" werfe das Problem auf, dass Embryonen ausschließlich zum Ziel der Bereitstellung medizinischen Rohstoffs erzeugt werden. Dieses Verfahren missachte das Tötungsverbot und stelle die Würde des Lebens in Frage.

Gemeinsam wurde festgehalten, dass die ethischen Fragen bei der Anwendung dieser Möglichkeiten sorgfältig diskutiert werden müssen. Auf Vorschlag des SPD-Vorsitzenden wurde ein Dialog zwischen SPD und den Kirchen hierzu vereinbart.

Bei den Fragen der Entwicklungspolitik sprachen die EKD-Vertreter insbesondere den Zusammenhang zwischen Entschuldung und Schuldendiensterleichterung einerseits sowie wirksamer Armutsbekämpfung an. Besondere Erwähnung fand die Förderung der kirchlichen Friedensfachdienste. Dabei komme es entscheidend auf das Zusammenwirken staatlicher Politik mit Initiativen aus der Zivilgesellschaft an. Von Seiten der SPD wurde der Beitrag der Kirchen zur Entwicklungszusammenarbeit nachdrücklich gewürdigt.

An dem Gespräch nahmen teil:

SPD-Präsidium:
Bundeskanzler Gerhard Schröder, Vorsitzender der SPD
Bundesministerin Christine Bergmann
Ministerpräsident Wolfgang Clement, Stellvertretender Vorsitzender
Bundesministerin Herta Däubler-Gmelin
Franz Müntefering, Generalsekretär der SPD
Renate Schmidt, Stellvertretende Vorsitzende
Ministerpräsidentin Heide Simonis
Ministerpräsident Manfred Stolpe
Peter Struck, SPD-Fraktionsvorsitzender
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Stellvertretender Vorsitzender
Inge Wettig-Danielmeier, Schatzmeisterin der SPD
Bundesministerin Heide Wieczorek-Zeul, Stellvertretende Vorsitzende
Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland:
Präses Manfred Kock, Vorsitzender des Rates Peter Hahne
Robert Leicht
Ruth Leuze
Bischof Axel Noack
Beate Scheffler
Jürgen Schmude, Präses der EKD-Synode
Präsident Eckhart von Vietinghoff
Valentin Schmidt, Präsident des Kirchenamtes
Prälat Stephan Reimers, Bevollmächtigter des Rates

Hannover / Berlin, 12. Februar 2001
Pressestelle der EKD