Kock: Parteiübergreifender Konsens über Einwanderungspolitik dringend erforderlich

Zwangsarbeiterentschädigung ist Gemeinschaftsaufgabe der Gesellschaft

05. November 2000 (5. Tagung der 9. Synode der EKD)

Der EKD-Ratsvorsitzende Präses Manfred Kock hat einen "klaren, parteiübergreifenden" politischen Konsens in Fragen der Zuwanderung nach Deutschland angemahnt. In seinem Bericht zum Auftakt der EKD-Synode appellierte er dringend an die politischen Parteien, die Ausländer- und Einwanderungspolitik aus Wahlkämpfen herauszuhalten. Gleichwohl gehören - so Kock vor den 120 Synodalen - die Probleme der Zugangsregeln und "die schwierigen Fragen der Integration" von Zuwanderern in die öffentliche Diskussion auch und gerade zwischen den Parteien. Ziel muss es dabei nach Auffassung des Ratsvorsitzenden sein, die Einwanderung nach Deutschland so zu regeln, "dass die Ängste vor Fremden und vor sozialen Verlusten bei der einheimischen Bevölkerung abgebaut werden".

Die Gewalttaten gegen Ausländer und die Anschläge gegen jüdische Einrichtungen und Gedenkstätten für NS-Opfer haben die evangelische Kirche nach den Worten Kocks "tief erschüttert und sind weiterhin Grund zu großer Besorgnis". Die Schändung von Friedhöfen, Gotteshäusern und religiöser Symbole von Juden, Muslimen und Christen offenbare auch eine "geistige Verwüstung, die sich gegen Gott richtet". Der Ratsvorsitzende wörtlich: "Ich bin erschrocken, wie dünn der Boden humaner Tradition in Deutschland geworden ist". Er rief "alle Christen und Menschen guten Willens" auf, "noch entschiedener für den christlichen und humanitären Grundgedanken von der unantastbaren Würde des Menschen einzutreten und nicht zu schweigen, wo die religiösen Gefühle und die Ehre Gottes verletzt werden". Zu der für kommenden Donnerstag (9. November) geplanten Großkundgebung in Berlin "Wir stehen auf für Menschlichkeit und Toleranz" sagte Kock, sie könne ein weiterer Schritt sein "gegen die klammheimliche Sympathie für fremdenfeindliche Sprüche und gegen stillschweigende Duldung rassistischer Übergriffe".

Der Ratsvorsitzende bekräftigte die Entscheidung der EKD, sich mit 10 Millionen Mark an der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" zur Entschädigung der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der Zeit der NS-Diktatur zu beteiligen. Die Zahlungen der Stiftung werden - so Kock - den noch lebenden Opfern in ihrer oft schwierigen materiellen Situation helfen und ihnen im Alter ein menschenwürdiges Leben erleichtern. Weil die gesamte Gesellschaft in Deutschland von der Zwangsarbeit profitiert habe, sei die Entschädigung der Opfer heute "eine Gemeinschaftsaufgabe". Kock bat insbesondere die noch abseits stehenden Firmen, den Anteil der deutschen Wirtschaft für die finanzielle Ausstattung der Stiftung aufzubringen. Über die finanzielle Seite hinaus sei es geboten, die "Einbindung der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie in die damaligen Unrechtsstrukturen" wissenschaftlich aufzuarbeiten".

(folgt Ratsbericht 3)



Braunschweig, 5. November 2000
Pressestelle der EKD