"Mauer des Lebensschutzes wird sturmreif geschossen" - Bericht zum Auftakt der EKD-Synode in Braunschweig

EKD-Ratsvorsitzender, Präses Manfred Kock

05. November 2000 (5. Tagung der 9. Synode der EKD)

Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, hat dazu aufgerufen, sich entschieden für die "christliche Position des Lebensschutzes in Verantwortung vor Gott und im Respekt vor der Würde des Menschen" einzusetzen. In seinem Bericht zum Auftakt der in Braunschweig tagenden EKD-Synode sagte Kock vor dem Hintergrund jüngster Entwicklungen in der Selektion und Klonierung menschlicher Embryonen und der beabsichtigten Patentierung von "Mischwesen" aus Schwein und Mensch, die Mauer des Lebensschutzes werde "schrittweise sturmreif geschossen".

Der Ratsvorsitzende kritisierte vor den 120 Synodalen namentlich den Nobelpreisträger James Watson, der den Glauben an Gott als das eigentliche Hemmnis der menschlichen Evolution bezeichnet habe. "Unser Glaube kann diese Gottesdemontage nicht hinnehmen", appellierte er. Sie sei die "eigentliche Ursache der inhumanen und menschenverachtenden Grenzüberschreitungen, die sich mit dem Vorwand von Heilung und Erlösung tarnen". Präses Kock hatte seinen Ratsbericht unter das Psalmwort "Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?" gestellt.

Der EKD-Ratsvorsitzende würdigte in seinem Bericht die Familie als Lernfeld für den Glauben, das Menschenbild und demokratische Werte. Kinder und Jugendliche könnten dort "Rücksicht gegenüber Schwächeren" und das "Eintreten für Ausgegrenzte" üben und lernen, andere Menschen auch bei unterschiedlichen Auffassungen zu achten. Dabei brauchen die Kinder - so Präses Kock - "keine perfekten Vorbilder", wohl aber Erwachsene, die auch bei kritischen Fragen Rede und Antwort stehen. Die Vermittlung eines umfassenden Menschenbildes sei in der modernen Gesellschaft schwieriger geworden, räumte der Ratsvorsitzende ein. Er plädierte dafür, dass Eltern ihre Kinder frühzeitig mit dem "Schatz der persönlichen und familiären Glaubenserfahrungen bekannt machen. Wo sie selber unsicher sind, sollten sie sich der Angebote der Kirchengemeinden bedienen.

Kock betonte vor der Synode, dass die Evangelische Kirche sich entschieden für den Erhalt von Ehe und Familie einsetzt und deren grundgesetzlichen Schutz begrüßt. Bemühungen der Politik, "Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Partner durch rechtliche Regelungen zu stützen und dadurch verlässlicher zu machen", würden bejaht. Die Evangelische Kirche - so der Ratsvorsitzende - wendet sich jedoch gegen solche Rechtsformen, "die das Eherecht kopieren und die Ehe damit ihres besonderen Status berauben".

(folgt Ratsbericht 2)



Braunschweig, den 5. November 2000
Pressestelle der EKD