32. Deutscher Evangelischer Kirchentag

Ein Aufruf, sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen

Zum ersten Mal überhaupt ist das Motto ein Fragesatz

21. Mai 2009

Die Losung für den Kirchentag in Bremen lautet „Mensch, wo bist du?“ Sie findet sich gleich am Anfang des Alten Testamentes, im Buch Genesis (1 Mose 3, 9). Dort, in der Urgeschichte um Adam und Eva, werden die Grundfragen menschlicher Existenz verhandelt: Woher kommt der Mensch? Was ist sein Platz in der Schöpfung und seine Bestimmung? Warum gibt es das Böse? Und woher kommt die Freiheit?

Der Bibel zufolge durchbrechen die Ureltern Adam und Eva Gottes Ordnung für den Garten Eden. „Sie nehmen für sich in Anspruch, selbst entscheiden zu können, was lebensförderlich und was schädlich ist“, sagt der Bochumer Alttestamentler Prof. Jürgen Ebach. Nachdem die Ur-Menschen sich entschieden haben, die verbotene Frucht zu kosten, entdecken sie als erstes, dass sie nackt, sterblich und unvollkommen sind. Sie verstecken sich vor Gott. „Als Gott sie ruft – „Mensch, wo bist du?“ – stehen sie nicht zu ihrem Tun und seinen Folgen, sondern schieben die Verantwortung auf andere ab“, erklärt Ebach.

Nach Ansicht von Ellen Ueberschär, Generalsekretärin des Kirchentages, markiert Gottes Frage an Adam und Eva den Beginn der Geschichte der Freiheit: „In diesem Moment, wird die in der Schöpfung angelegte Emanzipation vom Schöpfer vollzogen. Der Schritt in die Autonomie ist getan.“

Für Kirchentagspräsidentin Karin von Welck ist die göttliche Frage „Mensch, wo bist du?“ ein Appell an die Verantwortung der Christen für die Welt. Sie stehe aber zugleich für „die christliche Überzeugung und Gewissheit, dass für Gott jeder einzelne zählt und niemand verloren geht“.

Traditionell, so von Welck, solle die Kirchentagslosung „so etwas wie eine Zeitansage“ sein. Die Themenbereiche des Kirchentages nehmen das Leitwort auf und entfalten es in allen seinen Aspekten. Intensiv ausgelegt wird es sowohl in den Eröffnungsgottesdiensten als auch in den Bibelarbeiten am Donnerstagmorgen. Für den Alttestamentler Jürgen Ebach ist Gottes Frage „Mensch, wo bist du?“ zugleich ein Aufruf zu Antwort und Verantwortung: „Gott sagt damit: Versteck dich nicht! Stiehl dich nicht aus deiner Verantwortung!“