Kock: "Konfliktparteien im Nahen Osten unter Druck setzen"

EKD-Ratsvorsitzender zieht Bilanz seines Besuches in Israel und Palästina

08. Februar 2002

"Israelis und Palästinenser müssen stärker unter Druck gesetzt werden, um an den Verhandlungstisch zurückzukehren." Dieses Fazit zieht der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, nach Ende seines fünftägigen Besuchs in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten. Aus eigener Kraft sei es den Konfliktparteien derzeit anscheinend nicht möglich, zu Verhandlungen zurückzukehren. Deshalb sei jetzt die verstärkte Intervention der Vereinten Nationen, der USA, von Russland und Europa gefragt.

Gemeinsam mit den Ratsmitgliedern Rechtsanwältin Margit Fleckenstein und Landessuperintendent Walter Herrenbrück sowie Oberkirchenrätin Christa Grengel vom Kirchenamt der EKD hatte Kock vom 1. bis 5. Februar Israel und die palästinensischen Autonomiegebiete bereist. Dabei war die Delegation mit Mitgliedern der Evangelischen Gemeinde Deutscher Sprache in Jerusalem und Vertretern einheimischer Kirchen zusammengetroffen. Auf dem Programm standen auch Hintergrundgespräche mit Vertretern des Religionsministeriums in Israel, mit Professoren der Hebräischen Universität in Jerusalem, sowie mit Hanan Ashrawi, der Sprecherin der Arabischen Liga.

"Alle unsere Gesprächspartner waren sich mit uns einig, dass die Spirale von Gewalt und Gegengewalt aufhören muss, weil sie beide Völker zerstört", betonte der EKD-Ratsvorsitzende. Bei den Begegnungen mit Gesprächspartnern vor Ort seien immer wieder die seit 1967 anhaltende Besetzung der palästinensischen Gebiete und die Schaffung neuer jüdischer Siedlungen in diesen Bereichen als Hauptursachen des Konflikts benannt worden. Der palästinensische lutherische Pfarrer von Beit Jala, Jadallah Shihadeh, äußerte gleichwohl "kein Verständnis für palästinensische Selbstmordattentate. Dafür gibt es keine Rechtfertigung."

Die Christen und Kirchen im Heiligen Land sehen ihre Aufgabe bei der Lösung des Konflikts darin, künftig weiter "Brücken zu bauen" zwischen den verfeindeten Parteien, so Kock weiter. Gerade weil auf beiden Seiten Religion in diesem Konflikt häufig ideologisch missbraucht und politisch instrumentalisiert werde, müssten Christen und Kirchen sich dafür einsetzen, die friedensstiftenden Dimension des Glaubens ins Bewusstsein zu heben. Für die örtlichen Kirchen und ihre ökumenischen Partner sei jetzt der umfangreiche diakonischen Einsatz für die immer ärmer werdenden palästinensischen Bevölkerung vordringlich.

Nachhaltigen Eindruck hinterließ der Friedenswillen der palästinensischen Christen bei allen Mitgliedern der Ratsdelegation. "Das Wohlergehen des einen Volkes hängt vom Wohlergehen des anderen Volkes ab" - in diesen Worten fasste Jadallah Shihadeh gegenüber den Gästen aus Deutschland zusammen, was für ihn die Bilanz seines Nachdenken und zugleich Ausdruck seiner Hoffnung war.

Hannover, 8. Februar 2002
Pressestelle der EKD