EKD-Delegation: „Südafrika braucht umfassende Solidarität Deutschlands"

Spendenaktion gegen AIDS angeregt - Begegnung mit Vizepräsident Zuma

30. August 2000

Zur „umfassenden Solidarität" Deutschlands mit Südafrika hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, zum Abschluss der EKD-Delegationsreise in Johannesburg gestern (29. August) aufgerufen. Kirche und Gesellschaft stünden sechs Jahre nach Ende des Apartheid-Regimes in einer Umbruchsituation. „Alte Spaltungen und neue Ungerechtigkeiten müssen überwunden werden", erklärte Kock. Er bat Politik, Wirtschaft und Kirchen in Deutschland, in ihrem Engagement nicht nachzulassen. Zuvor hatten Vertreter der Deutschen Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika von der weit überwiegend optimistischen Einschätzung des wirtschaftlichen Klimas durch die in Südafrika ansässigen deutschen Unternehmen berichtet.

Die christlichen Kirchen seien für den Aufbau der Zivilgesellschaft Südafrikas von großer Bedeutung, betonte Kock. Es gebe im Lande eine „wohltuende, überraschende Frömmigkeit". Nachdem die Kirchen bei der Überwindung der gesetzlichen Rassentrennung eine sehr große Leistung vollbracht, müssten sie jetzt ihre Rolle neu entwickeln. Der Vizepräsident der Republik Südafrika, Jacob Zuma, hofft dabei insbesondere auf den kirchlichen Beitrag bei der Versöhnung zwischen Schwarzen und Weißen. Bei seiner Begegnung mit der EKD-Ratsdelegation am 29. August in Pretoria beklagte er eine zunehmende „Erosion der Werte" in seinem Land, die sich unter anderem in den zahlreichen Gewalttaten zeige. Dieses Themas sollten sich die Kirchen ebenso annehmen wie der Bedrohung durch die Immunschwächekrankheit AIDS, ermunterte Zuma.

Nach Schätzungen sollen mindestens 4 Millionen Menschen in Südafrika - ca. 10 Prozent der Bevölkerung - mit dem HIV-Virus infiziert sein. Die Mitglieder der EKD-Ratsdelegation (neben dem Ratsvorsitzenden Kock der Präses der EKD-Synode Dr. Jürgen Schmude, die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen und der reformierte Landessuperintendent Walter Herrenbrück) - setzten sich auf dem Hintergrund der ihnen wiederholt vorgetragenen grossen Besorgnisse vor den katastrophalen Folgen der AIDS-Epidemie für eine groß angelegte Spendenaktion in Deutschland ein. „Wir müssen in unserem Land die Herzen der Menschen mobilisieren", sagte Präses Kock. Materielle Hilfe solle insbesondere der Versorgung mit Medikamenten und der Aufklärung über AIDS zugute kommen. In Südafrika sei trotz der vorhandenen Erkenntnisse die „Mauer des Schweigens" über die Krankheit noch groß. Zusammen mit den in Südafrika tätigen kirchlichen Hilfswerken und Missionsgesellschaften solle es zunächst eine Bestandsaufnahme der Situation und der laufenden Hilfsmaßnahmen geben.

Bei ihrer Reise durch Namibia und Südafrika vom 18. bis 30. August hatte sich die EKD-Delegation auch über die Situation der aus der deutschen Auswanderertradition stammenden lutherischen Kirchen informiert. Es sei weiterhin sinnvoll, diese Kirchen durch die Entsendung von Personal und durch die Unterstützung von Programmen zu unterstützen, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Kock.

Intensive Gespräche gab es in beiden Ländern ebenfalls mit den verschiedenen „schwarzen" lutherischen Kirchen und den beiden grossen reformierten Kirchen in Südafrika sowie den nationalen Kirchenräten. In Kapstadt waren die EKD-Vertreter auch mit den beiden Erzbischöfen Winston Ndungane (Anglikanische Kirche) und Lawrence Henry (Römisch-katholische Kirche) zusammengekommen. Die Delegation begrüßte ausdrücklich die Fortsetzung der Einigungsgespräche innerhalb der reformierten und lutherischen „Kirchenfamilien". Um ihre gesellschaftliche Rolle wahrnehmen zu können, müssten die Kirchen „mit einer Stimme sprechen". Es sei jedoch allein die Entscheidung der unabhängigen Kirchen im neuen Südafrika, „das Tempo und die Bedingungen einer Einigung" festzulegen. Falls darum gebeten werde, wolle die EKD aber als ökumenischer Partner den Einigungsprozess begleiten. Die EKD will bei der Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit mit den Kirchen in Südafrika auch den theologischen Dialog intensivieren. Dafür sei auch der Südafrikanische Kirchenrat (SACC) ein wichtiger Partner, der eine Stärkung durch seine 28 Mitgliedskirchen verdiene.

Hannover/Johannesburg, den 30. August 2000
Pressestelle der EKD