Kock in Johannesburg: Andere Völker und Religionen nicht verachten

EKD-Delegation traf Südafrikanischen Kirchenrat und besuchte Gemeinden

28. August 2000

Vor der Verachtung anderer Völker, Religionen und der Schwachen in einer Gesellschaft hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, gewarnt. In einer Predigt am Sonntag, 27. August, der in der evangelischen Kirche als Israel-Sonntag begangen wird, sagte Kock in Johannesburg (Südafrika), eine christliche Verkündigung, die die Juden verachtete, „hatte eine schreckliche Wirkungsgeschichte". Es gebe eine abschüssige Bahn: Auf Verachtung folgten Ächtung, dann Verfolgung und Vernichtung. In dem Gottesdienst in der deutschsprachigen „Evangelisch-lutherischen Gemeinde am Nordrand" wies der EKD-Ratsvorsitzende auch auf die gewalttätigen Übergriffe in Deutschland gegen Fremde, Farbige oder Behinderte hin. Die „irregeleiteten" Täter bedienten sich auch antijüdischer Vorurteile. Anders als 1933 hätten die Opfer der Gewalt jedoch die Mehrheit der Bevölkerung ebenso wie das Recht und die Polizei auf ihrer Seite.

Johannesburg ist die dritte Station des zwölftägigen Besuches einer EKD-Ratsdelegation bei den Partnerkirchen im südlichen Afrika. Bei einem Treffen der Delegation mit dem Exekutivkomitee des Südafrikanischen Kirchenrates (SACC) sagte dessen Generalsekretärin Charity Majiza, man wolle den Dialog mit der EKD fortsetzen und ausbauen. Dabei solle es nicht nur um entwicklungspolitische Themen, sondern verstärkt auch um theologische Fragestellungen gehen. SACC-Präsident Bischof Mvume Dandala meinte, die Probleme seines Landes zwängen die Kirchen „aus dem Kokon herauszukommen", in den sie sich einspinnen wollten. Sie müssten diese Probleme ernst nehmen und „an der vordersten Front" mitwirken, eine Strategie zur Bekämpfung der Armut in Südafrika zu entwickeln. Die EKD-Delegation betonte ihre Entschlossenheit, die vielfältigen Beziehungen und Kooperationen mit dem SACC fortzusetzen. Der Oberbürgermeister von Johannesburg, Isaak Mogase, betonte anlässlich des Besuches der EKD-Delegation die herausragende Rolle der Kirchen während des Kampfes gegen die Apartheid. Bei einem Empfang im Rathaus der Stadt sagte Mogase, der Südafrikanische Kirchenrat sei eine „Insel der Hoffnung" gewesen. Dem SACC gehören 28 Mitgliedskirchen einschließlich der Römisch-katholischen Kirche an, deren Erzbischof Lawrence Henry die Ratsdelegation in Kapstadt getroffen hatte.

Über den rasanten gesellschaftlichen Umbruch, dem auch die deutschsprachige Evangelisch-lutherische Kirche in Südafrika (Natal-Transvaal) begegnet, informierten sich die deutschen Besucher am Beispiel der Friedenskirche im Johannesburger Stadtteil Hillbrow. Aus dem seit rund einem Jahrzehnt zunehmend von Gewalt, Kriminalität und Wohnungsproblemen geprägten Innenstadtviertel seien immer mehr deutsche Bewohner weggezogen, erläuterte das Pfarrer-Ehepaar Detlev und Gertrud Tönsing. Die Friedenskirche wolle nunmehr allen Menschen und Volksgruppen in Hillbrow eine Heimat anbieten. Den deutschsprachigen Gottesdienst besuchten heute noch etwa 20 Menschen, 120 singen und beten in englisch. Die „Sonntagsschule" (Kindergottesdienst) erreicht inzwischen etwa 100 schwarze Mädchen und Jungen. Mit dem sogenannten „Outreach"-Projekt - von der Kirchenleitung in Natal-Transvaal als missionarisches Projekt offiziell anerkannt und finanziell gefördert - will die Friedenskirchengemeinde zur „gesellschaftlichen Heilung" des Gemeinwesens beitragen. Kinderwochen, Jugendclub, Musikschule und Straßentheatergruppen gehören ebenso zum Programm wie Kinder-, Frauen- und Drogenberatung sowie Aufklärung über die Gefahren von AIDS. Das „Outreach"-Projekt wird von Pastor Heinrich-Georg Dalka (Evangelisch-lutherisches Missionswerk in Niedersachsen) koordiniert, den Hauptanteil an der Finanzierung des „Outreach"-Projekts trägt der Lutherische Weltbund.

Neben dem Besuch der Friedenskirchengemeinde standen am Wochenende auch Informationsfahrten von Mitgliedern der EKD-Ratsdelegation in die sogenannten „Townships" der schwarzen Bevölkerung am Rande Johannesburgs auf dem Programm. Am Sonntag predigte Bischöfin Maria Jepsen in Soweto, Landessuperintendent Walter Herrenbrück in Alexandra. Fortgesetzt wird die Ratsdelegationsreise am Montag und Dienstag u.a. mit weiteren offiziellen Begegnungen mit Partnerkirchen sowie einem Treffen mit dem südafrikanischen Vizepräsidenten Jacob Zuma in Pretoria.

Johannesburg/Hannover, 28. August 2000
Pressestelle der EKD