„Guter Hirte von Robben Island" durch Präses Kock feierlich übergeben

EKD-Ratsdelegation traf in Kapstadt den anglikanischem Erzbischof Ndungane

24. August 2000

Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Präses Manfred Kock, hat an die Leiden der nicht-weißen Bevölkerung während des Apartheidregimes in Südafrika erinnert. In einem feierlichen Gottesdienst in der Kirche zum Guten Hirten auf der ehemaligen Gefängnisinsel „Robben Island" vor Kapstadt übergab Kock gestern (23. August) eine Holzstatue, die Jesus als guten Hirten darstellt. In Anwesenheit des anglikanischen Erzbischofs von Kapstadt, Winston Ndungane, rief der Ratsvorsitzende dazu auf, sich die Strukturen des Leidens in aller Welt bewusst zu machen. Robben Island, wo der spätere südafrikanische Präsident Nelson Mandela 19 Jahre lang inhaftiert war, stehe für Einsamkeit und Verbannung, sagte Präses Kock. Die nach historischem Vorbild in Oberammergau geschnitzte Statue solle die Besucher der Kirche und der Insel an Gottes nie endende Liebe erinnern. An dem Gottesdienst, in dem auch die EKD-Ratsmitglieder Bischöfin Maria Jepsen und Landessuperintendent Walter Herrenbrück mitwirkten, nahmen Vertreter mehrerer südafrikanischer Kirchen teil.

Erzbischof Ndungane - der selber mehrere Jahre Gefangener auf Robben Island war - sagte, an diesem Nachmittag auf Robben Island werde der Welt ein tiefer Sinn dafür vermittelt, dass „durch die liebende Umarmung des Guten Hirten unsere Welt geheilt werden kann". „Wir können miteinander und mit Gott versöhnt werden." Das Geschenk der Statue sei zugleich eine Einladung, an weiteren großen Versöhnungsaufgaben mitzuwirken: der Überwindung von Armut, Verschuldung, Kolonialismus und Unterdrückung. Das Original der Statue des Guten Hirten wurde in den 20er Jahren auf die damalige Lepra-Insel Robben Island gebracht, war jedoch vor einigen Jahren aus der durch Witterungseinflüsse beschädigten Kirche gestohlen worden. Die von der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern gestiftete neue Figur wurde durch den Oberammergauer Holzschnitzer Florian Lang hergestellt.

Die auf Einladung ihrer Partnerkirchen und des Südafrikanischen Kirchenrates (SACC) nach Südafrika gereiste EKD-Ratsdelegation war - von Namibia kommend - am 22. August in Kapstadt eingetroffen und am Abend bei einem ökumenischen Empfang von Erzbischof Ndungane begrüßt worden. Der EKD-Ratsvorsitzende Kock hob in seinem Grußwort die gemeinsamen Anstrengungen von Christen in Südafrika und Deutschland im Kampf gegen die Apartheid hervor. Er erinnerte an die durch die sogenannte „Meißen-Deklaration" dokumentierte wachsende Gemeinschaft zwischen der anglikanischen Kirche von England und der EKD.

Die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen benannte in ihrer Ansprache als wichtige aktuelle Herausforderungen der Kirchen in Deutschland die Vermittlung von Werten. Eine Gesellschaft brauche religiöse Werte, der Staat könne diese nicht schaffen. Die Kirche solle - so Jepsen - außerdem die sozialen Bedürfnisse der Gesellschaft benennen, Stimme der Stimmlosen sein. Der reformierte Theologe Russell Botman (Universität Stellenbosch) sagte in seiner Antwort, auch in Südafrika kämpften die Kirchen darum, eine Sprache zu finden, „die die Leute verstehen und die ihre Spiritualität anspricht". „Wenn wir nicht bald zu einer verständlichen theologischen Sprache finden, werden die Leute bald nicht mehr wissen, was der Glaube für ihr reales Leben bedeutet", meinte Botman. Nach Ende des Kampfes gegen die Apartheid gelte es nun Theologie in einer demokratischen Gesellschaft zu betreiben.

Während ihres Aufenthaltes in Kapstadt trifft die EKD-Ratsdelegation unter anderem mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Südafrika (Kapkirche), der sich vereinigenden Reformierten Kirche im Südlichen Afrika und dem römisch- katholischen Erzbischof Lawrence Henry zusammen. Sie informiert sich ferner über die Arbeit der „Wahrheits- und Versöhnungskommission" sowie die Herausforderung der Kirchen durch AIDS. Am 25. August reist die Delegation weiter nach Johannesburg.

Kapstadt/Hannover, 24. August 2000
Pressestelle der EKD