„Kirchengemeinschaft nach evangelischem Verständnis“ veröffentlicht

Rat der EKD will Konzept für ökumenische Debatten fruchtbar machen

30. Oktober 2001

Was ist unsere Zielvorstellung für das Miteinander von Kirchen unterschiedlichen Bekenntnisses? Welche Einheit streben wir an? Was meinen wir mit "sichtbarer Einheit" der christlichen Kirchen? Die Antworten auf diese Fragen sind ein Schlüssel zum Verständnis der gegenwärtigen ökumenischen Lage. Für die Kirchen der Reformation und darum auch für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat dabei das Konzept der „Kirchengemeinschaft“ zentrale Bedeutung.

Die kontroversen ökumenischen Debatten der letzten Zeit - so vor allem die Auseinandersetzung um die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre und die vatikanische Erklärung "Dominus Iesus" - haben die Notwendigkeit offenkundig gemacht, das evangelische Verständnis von Kirchengemeinschaft präziser zu beschreiben. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland hatte deshalb seine Kammer für Theologie beauftragt, das evangelische Konzept der Kirchengemeinschaft eingehend darzustellen und seinen Modellcharakter für die gegenwärtigen ökumenischen Debatten fruchtbar zu machen. Der Rat hat sich den von der Kammer erarbeiteten Text zu eigen gemacht und legt ihn jetzt der Öffentlichkeit vor.

Der Text spricht sich dafür aus, das Miteinander bekenntnisverschiedener Kirchen im Sinne einer Kirchengemeinschaft zu ordnen. Die Leuenberger Kirchengemeinschaft von über 100 reformatorischen Kirchen in Europa dient als praktisches Beispiel und als ökumenisches Modell. Folgende Gesichtspunkte sind dabei von besonderer Bedeutung:

  • Fortschritte auf dem Weg zur Einheit der Kirche sind nur möglich, wenn nicht allein kontroverse Einzelthemen durch die Methode des „differenzierten Konsenses“ bearbeitet werden, sondern wenn zugleich eine grundlegende Einigung über die Gestaltung eines geordneten Miteinanders der Kirchen erreicht wird.
  • Kirchengemeinschaft zwischen Kirchen wird praktiziert, indem Kirchen erstens das gemeinsame Verständnis des Evangeliums von der Rechtfertigung und der Sakramente feststellen, zweitens damit den sich in Wort und Sakrament selbst mitteilenden Jesus Christus als den ihre Gemeinschaft allein tragenden Grund anerkennen und drittens sich daraufhin gegenseitig als Kirchen anerkennen und ihre so gewonnene Gemeinschaft in Wort und Sakrament praktisch vollziehen.
  • Eine in solcher Weise praktizierte Kirchengemeinschaft schließt Amts- und Abendmahlsgemeinschaft auch bekenntnisverschiedener Kirchen ein. So wird der geistlichen Verbundenheit aller Kirchen in Christus öffentlich ein angemessener Ausdruck gegeben.

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland, die in der Grundordnung als "Gemeinschaft ihrer lutherischen, reformierten und unierten Gliedkirchen" beschrieben wird, ist theologisch als eine Kirchengemeinschaft nach dem Modell der Leuenberger Kirchengemeinschaft zu qualifizieren. Der Rat erhofft sich darum von dem hier vorgelegten Text nicht nur Fortschritte für die verschiedenen ökumenischen Dialoge, sondern auch einen Beitrag zur  Weiterentwicklung der in der Evangelischen Kirche in Deutschland hergestellten Gemeinschaft der Gliedkirchen.

Hannover, den 30. Oktober 2001
Pressestelle der EKD