Koppe: Lateinamerikanische Kirchen üben scharfe Kritik an US-Militäreinsatz

„Bei längerem Bombardement droht Zunahme der Gewalt auch in anderen Ländern“

17. Oktober 2001

Die lateinamerikanischen Kirchen üben scharfe Kritik an dem Vorgehen der USA in Afghanistan.  Dies berichtete heute der Auslandsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr. Rolf Koppe, nach Rückkehr von einer Reise nach Argentinien, Uruguay und Paraguay. Enttäuschung gäbe es auch über die „unkritische Haltung“ Deutschlands, die sich in der „uneingeschränkten Solidarität“ mit den USA ausdrücke. Die Kirchen Lateinamerikas verstehen nach den Worten Koppes die Sympathie und Dankbarkeit Deutschlands gegenüber den Vereinigten Staaten, meinen aber, dass dies nicht zur Kritiklosigkeit gegenüber der amerikanischen Politik führen dürfe. Man sei zwar mit dem amerikanischen Volk solidarisch im Kampf gegen den Terrorismus. Aber vor dem Hintergrund schlechter Erfahrungen mit den USA - z.B. der Unterstützung von Militärdiktaturen in Lateinamerika - könne man der aktuellen amerikanischen Politik nicht zustimmen. „Wir müssen die Stimmen aus den Schwesterkirchen in aller Welt sehr ernst nehmen“, resümiert Bischof Koppe die Ergebnisse seiner Reise. Nach seiner Meinung ziehen die Vereinigten Staaten die politischen Folgen eines langanhaltenden Militäreinsatzes offenkundig nicht ausreichend ins Kalkül.

Kritik an den Militäraktionen gegen Afghanistan äußerten auch der Ökumenische Rat der Kirchen sowie viele Christenräte und Kirchen im Ausland. Nicht nur Muslime, sondern auch viele christliche Kirchen in Afrika, Asien und Lateinamerika seien der Meinung, dass bei der Verfolgung von Terroristen und ihren Unterstützern die Vertreibung oder der Tod vieler unschuldiger Menschen nicht in Kauf genommen werden darf. „Vor allem den Opfern von Gewalt und Krieg muss die Sorge und die uneingeschränkte Solidarität der Kirchen gelten“, meint Bischof Koppe. Darüber hinaus  wachse auch die Gefahr gewaltsamer Konflikte in vielen Ländern wie in Pakistan, Nigeria oder Indonesien. Besonders besorgniserregend sei die Lage in Nigeria, wo bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen mehrere 100 Menschen verletzt oder getötet wurden.

„Aus der Tragödie in New York und dem Kampf gegen Terrorismus darf kein weltweiter Krieg der Religionen werden“, mahnen  in einer gemeinsamen Erklärung die religiösen Führer  Indonesiens. Sie fordern die Glaubensgemeinschaften auf, den Dialog miteinander zu suchen. Bischof Koppe unterstützt dieses Anliegen: „Gerade in der augenblicklichen Situation ist die Verständigung zwischen den Kirchen und mit islamischen Einrichtungen wichtig. Die EKD wird deshalb ihre theologischen Gespräche mit der muslimischen Al-Albeit-Foundation in Amman fortführen, um über die Vorstellungen von Frieden und Freiheit in beiden Religionen zu reden.“

Hannover, den 17. Oktober 2001
Pressestelle der EKD

Diakonie Katastrophenhilfe bittet dringend um Spenden, Kennwort „Flüchtlingshilfe Afghanistan-Konflikt“: Diakonie Katastrophenhilfe, Konto 502 707, Postbank Stuttgart, BLZ 600 100 70