Einführungsworte in den Friedens- und Gedenkgottesdienst in der Johanneskirche in Düsseldorf

EKD-Ratsvorsitzender, Präses Manfred Kock

14. September 2001

Seit drei Tagen begleiten uns nun schon die schrecklichen Bilder der Terroranschläge in den USA. Noch immer fehlen Worte, den Schmerz und die Trauer und die Ohnmacht zu beschreiben.
Darum haben wir uns hier in der Düsseldorfer Johanneskirche versammelt:
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

Seit drei Tagen versammeln sich christliche und auch jüdische und muslimische Menschen an  vielen Orten, um bei Gottes Namen Zuflucht zu suchen. Für heute hat der Präsident des Europäischen Parlaments zum Gedenken in allen Ländern Europas aufgerufen. Menschen brauchen einen Ort für ihre Angst und ihre Fassungslosigkeit. Unsere Klage über die Schrecken der Anschläge und das Leid der Opfer, unsere quälenden Fragen nach Erklärung unserer Sorgen um die Zukunft wollen wir vor Gott tragen. In unserer Sprachlosigkeit suchen wir Zuflucht bei den alten Worten der Bibel.
Unsere Gedanken sind zuerst bei den unmittelbar Betroffenen, denen, die in den entführten Flugzeugen umkamen, denen, die im World Trade Center und im Pentagon gemordet wurden. Unsere Gedanken sind bei den Feuerwehrleuten und Polizisten, die ihr Leben für die Rettung einsetzen. Unsere Gedanken sind bei den Familien bei den Angehörigen und den Freunden. Für sie wollen wir beten.
Wir sind versammelt, um uns auch auf unsere Grenzen zu besinnen. Mit einem Schlag steht die Verwundbarkeit menschlichen Lebens, gerade in unserer hoch technisierten Welt, vor aller Augen. Man wird für die Systeme der Sicherung mehr aufwenden müssen an Intelligenz und Geld. Und doch wird es keinen absoluten Schutz vor Terror und Mord geben.
Wir werden Gott bitten, dass die Gräueltaten dieser Woche nicht neues Unrecht hervorbringen. Die Versuchung ist groß, Hass mit Hass zu beantworten. Und vor allem droht die Gefahr, pauschale Verdammungsurteile auszusprechen.

Mag es sehr wahrscheinlich sein, dass Kräfte hinter den Anschlägen stehen, die vorgeben im Namen ihrer Religion einen heiligen Krieg zu führen, wir sind hier, um um die Kraft zu bitten, allen Versuchen zu widerstehen, den Islam als Weltreligion für diese Terroranschläge verantwortlich zu machen.
Vor allem bitten wir Gott, dass in unserem Land nicht Vorurteile gegen die muslimischen Bürger wachsen.
Ich bin dankbar, dass Paul Spiegel vom Zentralrat der Juden in Deutschland mit seiner Frau unter uns ist und Dr. Elyas, der muslimische Freund.

Gott will Frieden und Gerechtigkeit unter den Religionen und unter den Kulturen. Jeder Glaube, der meint, Gewalt aus religiösen oder ideologischen Gründen rechtfertigen zu können, ist ein gefährlicher Irrglaube.
Wir haben unsere Arbeit unterbrochen in den Büros, im Parlament, zu Hause, und sind jetzt hier, um die Hände zu falten. Die geschäftigen Hände, die uns manchmal in die Versuchung führen, zu vergessen, dass unser Leben letztlich nicht an unserer Geschäftigkeit hängt, sondern ein Geschenk Gottes ist. Zu ihm rufen wir in unserer Not.


Aus tiefer Not....


Düsseldorf, den 14. September 2001
Pressestelle der EKD