Kock äußert sich entsetzt über Gewalt gegen Kinder in Nordirland

EKD-Ratsvorsitzender bestärkt Kirchen in ihren Friedensbemühungen

07. September 2001

"Über die Beschimpfungen und Gewaltaktionen gegenüber wehrlosen Kindern in Nordirland sind wir entsetzt. Solche Terrormethoden dürfen nirgendwo geduldet werden", sagte Präses Manfred Kock, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), während der Sitzung des Rates heute in Hannover. Wer zu solchen Formen der Auseinandersetzung greife, demonstriere damit einen schrecklichen Mangel an Einsicht und eine geradezu krankhafte Unfähigkeit, zu einer friedlichen Lösung zu kommen.

Weiter erklärte Kock: "Die radikalen Kräfte auf allen Seiten in Nordirland können nicht mit unserem Verständnis rechnen. Die absurde Tradition von Terror und Gegenterror muss gestoppt werden. Zum Friedensprozess, der seit 1998 so viele Hoffnungen geweckt hat, gibt es keine Alternative." Er sei entsetzt über das Ausmaß an Vertrauensverlust, das eine kleine Zahl Unbelehrbarer mit ihren brutalen Provokationen anrichten könne. Zugleich äußerte der EKD-Ratsvorsitzende Mitleid mit den Kindern in Nordirland, die in dem Konflikt instrumentalisiert werden.

Kock kritisierte vor dem Rat der EKD auch die "fahrlässige Verwendung sprachlicher Klischees" in Medienberichten über die Situation in Nordirland. Die Bezeichnung "Protestanten" für diejenigen, die in Belfast verbale und physische Gewalt gegen katholische Schulkinder ausübten, sei irreführend. Solche Aktionen gingen von radikalen sektiererischen Gruppen aus, die für die Mahnungen der Kirchen des Irish Council of Churches (Irischer Kirchenrat) und des Council of Churches for Britain and Ireland (Rat der Kirchen für Großbritannien und Irland) nicht zugänglich seien und die Angebote von örtlichen Versöhnungsinitiativen ausgeschlagen hätten.

Die Zugehörigkeit zur protestantischen oder katholischen Konfession in Nordirland sollte in den Medien nicht gleichgesetzt werden mit parteilichem Extremismus, verlangte der Ratsvorsitzende. Der Nordirland-Konflikt beruhe auf politischen Gegensätzen, die in der geschichtlichen Entwicklung sozialer Verhältnisse in Großbritannien und Irland wurzelten. Daher seien die dort heute üblichen Bezeichnungen für die Konfliktparteien - pro-britische "Unionisten" bzw. "Loyalisten" und pro-irische "Nationalisten" bzw. "Republikaner" - zutreffender als konfessionelle Etikettierungen. Kock wörtlich: "Mit Glaubensunterschieden zwischen Protestanten und Katholiken hat der Terror nichts zu tun, vielmehr mit sozialen Ungerechtigkeiten zwischen den konfessionellen Gruppen".

Der EKD-Ratsvorsitzende wies zugleich darauf hin, dass die Kirchen in Nordirland sich in den vergangenen Jahren sowohl in der konkreten Versöhnungsarbeit in den Gemeinden und Stadtteilen als auch in öffentlichen Äußerungen und politischer Einflussnahme für den Abbau von Hass und für Verständigung eingesetzt hätten. Die jüngsten Gewaltausbrüche seien ein Rückschlag für ihre Friedensbemühungen ebenso wie für die Initiativen der protestantischen Kirchen Europas. Präses Kock bestärkte die Kirchen in Irland und Großbritannien darin, ihre Anstrengungen trotz der neuerlichen Gewalt fortzusetzen. "Es muss deutlich werden, dass die Kirchen nicht Öl ins Feuer gießen, sondern dass sie ein Faktor der Versöhnung sind".

Der Ratsvorsitzende rief alle Christen in Deutschland auf, die Menschen in Nordirland in ihre Fürbitte einzuschließen und im Gebet um Frieden und die Überwindung des Hasses auch in diesem Teil Europas nicht nachzulassen.


Hannover, den 7. September 2001
Pressestelle der EKD