Evang.-orthodox. Dialog: Gemeinsame Absage an Nationalismus

Treffen von EKD und Ökumenischem Patriarchat in Brandenburg

09. Juli 2001

Mit dem Thema „Die Kirchen im zusammenwachsenden Europa“ beschäftigten sich vom 30. Juni bis zum 6. Juli 2001 in Brandenburg/Havel Delegationen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Die evangelischen und orthodoxen Vertreter trafen sich unter Leitung des griechisch-orthodoxen Metropoliten Augoustinos (Ökumenisches Patriarchat) und des Leiters der EKD-Ökumene- und Auslandsarbeit, Bischof Dr. h.c. Rolf Koppe, zur 12. Begegnung im bilateralen theologischen Dialog zwischen ihren Kirchen

Mit „Europa“ stand ein aktuelles Thema auf der Tagesordnung, das nicht nur die Klärung theologischer Fragen verlangte, sondern auch die Rolle der Kirchen in einer neuen Situation zu bestimmen suchte. Als Gesprächsergebnis hielten beide Delegationen insbesondere ihre gemeinsame Absage an jeglichen Nationalismus fest. Sie erklärten zum Abschluss ihrer Tagung, dass nach christlichem Verständnis „alle Menschen, Männer und Frauen, da sie nach dem Bild Gottes geschaffen wurden, gleichwertig und miteinander verbunden“ sind. Auf Grund dieses christlichen Menschenbildes könne es keine qualitative Differenz zwischen den verschiedenen Völkern und dementsprechend keinen Vorrang einer Nation vor einer anderen geben. „Dies bedeutet eine Absage an jeglichen Nationalismus. Vielmehr sind alle Menschen und Nationen auf einander angewiesen und dazu berufen, gemeinschaftlich und solidarisch für einander einzutreten. Hier werden die christlichen Wurzeln Europas deutlich, für dessen Zusammenwachsen die Kirchen eine ökumenische Mitverantwortung tragen“, betonten die Vertreter der EKD und des Ökumenischen Patriarchates.

Die Dialogpartner begrüßten zugleich die „Charta Oecumenica“ als ein „ökumenisches Basis-Dokument für Europa“. Sie unterstützten die Aussagen dieses Dokuments und stellten dazu fest: „Die verändernde Kraft des christlichen Glaubens, wie sie bereits im ersten christlichen Jahrhundert zu beobachten ist, muss heute für ein humanes und soziales Europa wieder zur Geltung gebracht werden.“ Die Charta Oecumenica war in der Woche nach Ostern durch die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und den katholischen Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) als ein Aufruf an die europäischen Kirchen verabschiedet worden, sich zu gemeinsamem christlichen Handeln zu verpflichten.

Evangelische und orthodoxe Delegierte sprachen in Brandenburg auch über das Zusammenleben der Christen aus beiden Kirchen. Auf Grund des in über 30 Jahren gewachsenen Vertrauens zwischen evangelischen und orthodoxen Kirchen wurde wechselseitiger Respekt für unterschiedliche Glaubensformen und liturgische und sakramentale Praxis erwartet (z.B. bei Taufe, Patenamt, Konfirmation, Trauung, Seelsorge und Ordination). Die Gesprächsteilnehmer riefen zu gemeinsamem Beten und gemeinsamen Wortgottesdiensten ebenso auf wie zu verstärkter Zusammenarbeit in Diakonie und Ausbildung.

Der seit 1969 geführte „Dialog der Liebe und der Einheit“ zwischen EKD und Ökumenischem Patriarchat hat im unterschiedlichen Verständnis dogmatischer Aussagen Klärungen gebracht. In den letzten Jahren werden darum auch Fragen behandelt, die praktische Konsequenzen aus theologischen Aussagen ziehen, wie etwa aktuell die Europa-Thematik oder im Jahre 1997 das Handeln der Kirchen angesichts der ökologischen Probleme.

Hannover, 9. Juli 2001
Pressestelle der EKD