"Ethischer Dammbruch vollzogen"

Der Ratsvorsitzende der EKD, Präses Manfred Kock, zur Entscheidung des britischen Unterhauses über die Zulassung der Klonierung menschlicher Embryonen zu therapeutischen Zwecken

20. Dezember 2000

Das britische Unterhaus hat am Dienstagabend einem Gesetz zugestimmt, mit dem das Klonen menschlicher Embryos für therapeutische Zwecke erlaubt wird. Zwar ist noch die Zustimmung des Oberhauses nötig, um das Gesetz in Geltung zu setzen, aber der ethische Dammbruch, den zahlreiche Christen mit vielen anderen Kritikern der Biotechnologie in Europa befürchtet haben, ist mit dieser Entscheidung vollzogen.

Die Hoffnung, die mit dem "therapeutischen Klonen" von Embryos verbunden ist, das im Gegensatz zum "reproduktiven Klonen" nicht auf die Erzeugung von kompletten tierischen oder gar menschlichen Individuen abzielt, erscheint zunächst nachvollziehbar. Wenn das neue Verfahren erfolgreich sein sollte, würde es gestatten, aus gezüchteten embryonalen Stammzellen verschiedene Teilgewebe und eines Tages sogar vollständige Organe zu gewinnen. Wissenschaftler versprechen uns, viele Krankheiten, für die heute noch keine oder kaum Hilfe in Sicht sei, wie etwa Multiple Sklerose, Parkinson oder auch Krebs, ließen sich dann mildern oder heilen. Jedoch ist die Frage, ob dieser Zweck die Mittel heiligt oder ob durch das sogenannte "therapeutische Klonen" nicht Tür und Tor für das "reproduktive Klonen" geöffnet werden.

Die Bundesregierung und die von ihr eingesetzte Enquête-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin", aber auch Parlament und Ethik-Ausschuss der Europäischen Union (EU) sowie der Europarat lehnen das Klonen von Menschen grundsätzlich ab. Denn der Preis des "therapeutischen Klonens" ist sehr hoch: Die bei der Gewinnung von geeignetem Gewebe entstehenden menschlichen Embryonen müssen notwendigerweise vernichtet werden. Hier werden Menschen als biologische Ersatzteillager geschaffen und zerstört. Das Tötungsverbot wird missachtet, die Würde menschlichen Leben wird in Frage gestellt. Es steht zuviel auf dem Spiel. Ethische Einwände sind keine "ideologischen Scheuklappen". Das sollte sich auch Bundeskanzler Schröder gesagt sein lassen.

Als möglicherweise gangbare Alternative zu dem vom britischen Parlament vorgesehenen Verfahren zeichnet sich die Verwendung "adulter", also von erwachsenen Individuen gewonnener Stammzellen für therapeutische Verfahren ab. Dies zeigt, dass man Forschern und Firmen nicht immer rasch nachgeben darf. Wenn man Grenzen setzt, kann dies dazu führen, dass die Entwicklung eine Richtung einnimmt, deren Risiken und negativen Folgen deutlich geringer sind.

Hannover, 20. Dezember 2000
Pressestelle der EKD