Ein starkes Stück, die Studienbibel

Bibelübersetzung, Lexikon, Sachbuch, Atlas, Geschichte...

Wer nach der Konfirmation Lust hat, tiefer in die Welt des Glaubens und der Bibel einzudringen, der braucht eine gute Bibelübersetzung, ein Lexikon, ein erläuterndes Sachbuch, einen Atlas biblischer Stätten, einen Abriss der Geschichte Israels... Oder alles in einem. Die Studienbibel aus der Stiftung Christliche Medien verbindet das allermeiste. Ein Geschmäckle bleibt aber zurück.

"begegnung fürs leben. Die Studienbibel für jeden Tag"
SCM R. Brockhaus
ISBN: 3417250463
2375 Seiten
49,95 Euro

Doch zunächst das Positive: Zum Abschluss der Bibelserie kommt mit der Studienbibel noch mal ein echtes Highlight. Die Ausgabe beeindruckt durch ihre zahlreichen Tabellen, Zusammenfassungen, Einführungen, Landkarten Auflistungen, Zeitlinien und Erläuterungen. Einige Beispiele: Im 3. Kapitel im Buch der Sprüche geht es um Weisheit. Ergänzend stellt die Studienbibel eine Liste mit "Einigen 'Weisen' in der Bibel" zur Verfügung und mahnt gleich an: "Sie können uns auf unserem eigenen Weg zur Weisheit hilfreiche Vorbilder sein".

In der Liste enthalten sind zwölf Personen mit Angaben zu Name, Rolle, Bibelstellen und "Worin ihre Weisheit bestand". In diesem Sinne wird Josef vorgestellt als ein "weiser Führer", der in Apostelgeschichte 7,10 erwähnt wird, denn er "bereitete das Land auf eine Hungersnot vor; half, Ägypten zu regieren." Auch weniger bekannte Persönlichkeiten werden nicht vergessen: Abigajil war eine "weise Ehefrau", nachzulesen in 1. Samuel 25,3; sie "stand ihrem Haus trotz der Fehler ihres Mannes gut vor."

Vor jedem biblischen Buch gibt es eine zusammenfassende Nacherzählung, die dem Leser einen ersten Überblick verschaffen kann. Ihr zur Seite stehen Informationen über das Anliegen des Buches, den Verfasser, Schlüsselvers und Schlüsselpersonen sowie besondere Merkmale. Über das 2. Buch Samuel lernt man dort, dass sein Ziel die "Wiedergabe der Geschichte von Davids Königsherrschaft" sei, aber auch, "David als idealen Leiter eines unvollkommenen Königreichs zu beschreiben und auf Christus vorauszudeuten, welcher der ideale Herrscher eines neuen und vollkommenen Reiches sein wird".

Im Buch Rut geht es auch um das Verhalten eines Mannes namens Boas. Ihm ist, wie vielen anderen Charakteren, eine einfühlsame Beschreibung gewidmet – nicht, ohne am Ende noch eine Übertragung in das Leben eines Christen heute zu wagen: "Boas tat nicht nur das Richtige, sondern handelte auf der Stelle... Er nahm einfach die Herausforderung an, in der Situation, die sich ihm stellte, das Richtige zu tun. Vor dieser Herausforderung stehen auch wir in unseren täglichen Entscheidungen..."

Diese Anfügung verdeutlicht noch etwas anderes: Die Studienbibel richtet sich insgeheim an eine freikirchliche, evangelikale Leserschaft. Das lässt sich anhand verschiedener Übersetzungsentscheidungen nachvollziehen, wie zum Beispiel im Vaterunser. Bei Luther heißt es dort "Führe uns nicht in Versuchung", was die Frage aufwirft, warum Gott (!) jemanden in Versuchung führen sollte. Ein schwieriger Satz, den man als Christ in sein persönliches Gottesbild integrieren muss.

Wer diese Anstrengung scheut, weil er zum Beispiel hinter jeder Versuchung und Anfechtung den Teufel am Werk sieht, der muss mit der Bitte des Vaterunser seine Schwierigkeiten haben. Einige Christen weichen dem aus, indem sie ihn einfach abändern. Die Neues-Leben-Bibel übersetzt an der Stelle: "Lass nicht zu, dass wir der Versuchung nachgeben".

Das griechische Original (kai me eisenegkes hemas eis peirasmon) ist hier eindeutig falsch, weil tendenziös wiedergegeben. Die Anmerkung zu dem Vers versucht zu erläutern, ohne die Übersetzungsentscheidung offen zu legen: "Manchmal lässt Gott zu, dass wir durch Versuchungen geprüft werden. Als Jünger sollten wir darum beten, aus solchen Prüfungszeiten befreit und vor Satan (dem 'Bösen') und seinen Täuschungen bewahrt zu werden."

"Alle Christen haben mit Versuchungen zu kämpfen. Manchmal sind sie so subtil, dass wir nicht einmal merken, was uns widerfährt. Gott hat versprochen, keine Versuchungen zuzulassen, die wir nicht ertragen könnten (1. Korinther 10,13). Bitten Sie Gott um die Fähigkeit, Versuchungen zu erkennen, und um die Kraft, sie zu überwinden und stattdessen seine Wege zu gehen."

Auch die Identifikation des "Bösen" mit dem Satan selbst, wie das griechische "poneros" hier verstanden wird, ist eine, aber nicht die einzig mögliche Interpretation. Dass solche Vorfestlegungen in den Erläuterungen nicht transparent gemacht werden, hinterlässt bei der Studienbibel "Neues Leben" ein unangenehmes "Geschmäckle".

Die Anmerkungen enhalten ein hohes Maß an Theologie. Theologie aber entscheidet sich immer im Dialog – was natürlich nicht möglich ist, wenn ein Leser nur vorgegebene Deutungen liest und mit den Autoren nicht darüber diskutieren kann. Wer sich mit der Studienbibel auseinandersetzt, sollte deshalb genug von der Freiheit des christlichen Glaubens (Gal 5,1) verstanden haben, um sich nicht durch die fraglichen Drohungen mit Hölle und Satan einschüchtern zu lassen.

Der Text der Studienbibel ist die "Neues-Leben"-Übersetzung, die sich ihrerseits an der amerikanischen "New-Living-Bible" orientiert. Wie alle, so hat auch diese Übersetzung den Anspruch, möglichst nah am Urtext und zugleich gut lesbar zu sein. Wie bei allen anderen, ist das auch bei dieser Übersetzung nicht durchgehend gelungen. Der Spagat zwischen zeitgemäßer Sprache und ursprünglicher Bedeutung, zwischen geprägten Wendungen und neuen Bildern ist und bleibt eben ein Dilemma. Sichtbar wird das unter anderem an den Psalmen.

Auf der Homepage der Übersetzung heißt es begeistert: "Ein besonderes Leseerlebnis sind die lyrischen Bücher der Bibel wie Psalmen oder Sprüche. Hier wurde großer Wert auf die sprachliche Gestaltung gelegt, um den poetischen Charakter der Texte beizubehalten." Schlägt man den bekannten Psalm 23 auf, so liest man allerdings verwundert: "Der Herr ist mein Hirte, ich habe alles, was ich brauche. Er lässt mich in grünen Tälern ausruhen, er führt mich zum frischen Wasser."

"Er gibt mir Kraft. Er zeigt mir den richtigen Weg um seines Namens willen. Auch wenn ich durch das dunkle Tal des Todes gehe, fürchte ich mich nicht, denn du bist an meiner Seite. Dein Stecken und Stab schützen und trösten mich." Die gleich anlautenden Wortpaare "Herr" und "Hirte" sowie "Tal des Todes" sind Sprachschöpfungen Luthers. Sie hier aufzunehmen, ist nicht verwerflich, die Begriffe sind auch heute gut zu verstehen.

Dass aber das Begriffspaar "Stecken und Stab" beibehalten wurde, ist schlicht unverständlich. Was ein "Stecken" ist, muss man heutzutage nachschlagen oder raten. Zudem haben andere Übersetzungen alternative Lösungen gefunden. In der Guten-Nachricht-Bibel heißt es interpretierend "du schützt mich und du führst mich", die Einheitsübersetzung bietet wenigstens "Stock und Stab". Für eine Bibelübersetzung, die einen Anspruch auf zeitgemäße Lesbarkeit erhebt, ist alles andere besser als der "Stecken".

Die Studienbibel der "Neues Leben"-Übersetzung bietet eine Fülle an Informationen zu allen möglichen Themen. Die Listen, Karten, Zeitachsen, Querverweise und Zusammenfassungen sind äußerst hilfreich, um seinen Zugang zum Buch der Bücher zu vertiefen. Den stolzen Preis von 50 Euro ist dieses Werk wert. Die ausführlichen Kommentierungen des Bibeltextes atmen allerdings einen deutlich evangelikalen Geist. Nur für den, der sich gegen Auswüchse in evangelikaler Richtung gewappnet weiß oder einen Kreis anderer Christen hat, mit denen er über das Gelesene diskutieren kann, ist die Studienbibel uneingeschränkt empfehlenswert.

Und nun zum Beten. Wenn ihr betet, seid nicht wie die Heuchler, die mit Vorliebe in aller Öffentlichkeit an den Straßenecken und in den Synagogen beten, wo jeder sie sehen kann. Ich versichere euch: Das ist der einzige Lohn, den sie jemals erhalten werden. Wenn du betest, geh an einen Ort, wo du allein bist, schließ die Tür hinter dir und bete in der Stille zu deinem Vater. Dann wird dich dein Vater, der alle Geheimnisse kennt, belohnen.
Plappert nicht vor euch hin, wenn ihr betet, wie es die Menschen tun, die Gott nicht kennen. Sie glauben, dass ihre Gebete erhört werden, wenn sie die Worte nur oft genug wiederholen. Seid nicht wie sie, denn euer Vater weiß genau, was ihr braucht, noch bevor ihr ihn darum bittet!
So sollt ihr beten: 'Unser Vater im Himmel, dein Name werde geehrt. Dein Reich komme bald. Dein Wille erfülle sich hier auf der Erde genauso wie im Himmel. Schenk uns heute unser tägliches Brot und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir denen vergeben haben, die an uns schuldig geworden sind. Lass nicht zu, dass wir der Versuchung nachgeben, sondern erlöse uns von dem Bösen.'
Wenn ihr denen vergebt, die euch Böses angetan haben, wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben.