Deutschlands älteste Telefonseelsorgerin hört auf

Mehr als 50 Jahre lang hat Barbara Hoffmann-Fliedner Menschen in Not geholfen

13. September 2013

Barbara Hoffmann-Fliedner

Als Telefon-Seelsorgerin hat Barbara Hoffmann-Fliedner mehr als 12.000 Beratungsgespräche geführt. Mehr als 50 Jahre lang war die mittlerweile 87-jährige Hamburgerin ehrenamtlich beim Diakonischen Werk tätig. Jetzt ist die älteste Telefonseelsorgerin Deutschlands in den "Ruhestand" gegangen.

Resolute Ratschläge wie "Das können Sie doch nicht machen" sind Hoffmann-Fliedner in all den Jahren nicht über die Lippen gekommen. Das wäre in ihren Augen unprofessionell gewesen. "Das große Geheimnis der Telefonseelsorge ist doch: Der Anrufer muss selbst auf die Lösung kommen", erklärt sie. "Ich bin nur ein Spiegel."

Sie ist als Kind einer Pastorenfamilie im Westerwald aufgewachsen. Die "Pastoren-Bärbel" war im Dorf gerngesehen. "Die Gespräche mit den einfachen Leuten haben mich sehr sozial denken lassen."

In den 40er Jahren verschlug es sie zum Arbeitsdienst, in eine Munitionsfabrik und als Bauernmagd in den Hunsrück. In einer Nürnberger Bibelschule begann sie eine Ausbildung zur evangelischen Gemeindehelferin. Dass sie später einmal als Ehe- und Lebensberaterin Tausende Menschen unterstützen würde, hätte sie damals nicht geglaubt. "Das ist mein Lebenswunder. Ich bin überzeugt, dass Gott mich an die Hand genommen hat."

1952 zog sie nach Hamburg und besuchte als Gemeindehelferin Bedürftige und die "Haustöchter" der feinen Blankeneser Gesellschaft. Diese seien begeistert gewesen von der Bibelarbeit und den Gospels. Nur ihr Dienstherr war nicht begeistert. "Diese Negermusik erlaube ich nicht", hieß es. Die Gemeindehelferin fiel in Ungnade und wurde fortan als Bürokraft beschäftigt.

In Hamburg lernte sie auch ihren Lebensgefährten, Diakon Klaus Metzkes, kennen. 55 Jahre lebten sie bis zu seinem Tod 2009 in einer offenen Partnerschaft zusammen. Als einer der Initiatoren der Telefon-Seelsorge brachte er ihr das Ehrenamt nahe. 1960 begann Hoffmann-Fliedner ihre Telefongespräche, damals noch im Büro der Hauptkirche St. Katharinen. Es gab noch keine anonyme Rufnummer, und auch die Anrufer erfuhren den Namen der Telefonseelsorger. Inzwischen ist die Anonymität auf beiden Seiten hohes Gut der Beratung.

Verändert haben sich nach ihrer Beobachtung in den vielen Jahren auch die Themen der Ratsuchenden. Ging es damals vor allem um große Alltagssorgen sowie um Konflikte in Partnerschaft und Beruf, so suchten heute immer mehr Menschen mit psychischen Problemen Rat und Hilfe. "Die Menschen machen alles auf einmal und viel zu viel," sagt Hoffmann-Fliedner. "Das macht sie verrückt." Klare Aussagen waren immer ihre Stärke. "Zuhören, trösten, beruhigen. Mehr kann man nicht machen."

Vor zehn Jahren wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Schon damals war sie die bundesweit dienstälteste Telefon-Seelsorgerin. Dabei ist ihr Wirbel um die eigene Person eher unangenehm. Auch am Ende wollte sie keine große Feier: Während der Vollversammlung der Telefonseelsorge wurde sie jetzt in den "Ruhestand" verabschiedet. (epd)