Auf dem Weg zur Einheit

Evangelische Christen in Namibia

07. September 2013

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Frankfurt a.M./Windhuk (epd). "Die Menschen in meinen Gemeinden möchten vom Pfarrer versorgt werden", sagt Pastor Johannes Burgard mit voller Überzeugung. Die Menschen schätzen seine Meinung, seinen Rat und sein offenes Ohr, wenn er in Grootfontein, Otavi oder Tsumeb im Gottesdienst predigt, wenn er die ältere Dame im Dorf besucht, die zu ihm sagt: "Du kannst doch Oma zu mir sagen", oder wenn er eine der vielen Farmen besucht.

Johannes Burgard ist Pastor in den "Nordengemeinden" der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia (DELK). Das Land im Südwesten Afrikas, das von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie war, ist geprägt durch die Landwirtschaft, den Abbau von Erzen und Diamanten und den Tourismus - "wegen der wunderschönen, weiten Landschaft", sagt Burgard.

Auf einer Fläche doppelt so groß wie Deutschland leben in Namibia nur rund zwei Millionen Menschen, rund 20.000 von ihnen haben deutsche Wurzeln. Allein das Gebiet der "Nordengemeinden" ist etwa so groß ist wie das Saarland, denn rund um die Orte Grootfontein, Otavi und Tsumeb liegen riesige Farmgebiete. Einmal im Jahr kommt der Pastor zu Besuch, einen ganzen Tag lang.

Es wird viel gesprochen. "Momentan beschäftigt die Menschen die Dürre, die letztes Jahr so schlimm war", erzählt Burgard. "Die Angst vor einer neuen Dürre und vor dem Verlust ihrer Existenzgrundlage ist sehr groß." Gebete und Seelsorge sind da besonders wichtig, aber der Pastor ist hier auch derjenige, der aktuelle politische Ereignisse kennt.

Namibia ist stark lutherisch geprägt: 87 Prozent der Namibier sind Christen, die Hälfte davon Lutheraner, die durch ihre unterschiedliche Missionsgeschichte in drei Kirchen organisiert sind. Rund 350.000 Mitglieder hat die Evangelisch-Lutherische Kirche in der Republik von Namibia (ELCRN) in der Mitte und im Süden des Landes. Hier spricht man Herero und Damara. In der fast doppelt so großen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia (ELCIN) im bevölkerungsreichen Norden wird Oshivambo gesprochen.

Zusammen mit der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche sind die beiden Kirchen seit 2007 verbunden durch die Vereinte Kirchenleitung der lutherischen Kirchen Namibias. 2017 soll hier die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes stattfinden.

Bis die drei Kirchen sich annäherten, dauerte es lange. Zwar arbeiteten sie von Beginn an immer wieder zusammen, auch wenn sie sich in Geschichte, Kultur, Sprache und Herkunft unterscheiden. Den Wunsch zur Vereinigung gab es aber erst seit den 70er Jahren, durch den Kampf gegen die Apartheid ging vieles davon wieder zu Bruch. Seit der Unabhängigkeit des Landes 1990 arbeiteten die Lutheraner dann Schritt für Schritt auf die Vereinigung hin. Zwar hat jede Kirche weiterhin einen eigenen Bischof, aber alle gehören zusätzlich der gemeinsamen Kirchenleitung an.

Es gibt auch genügend Gemeinsamkeiten. "Das Gemeindeleben ist hier noch sehr durch die Mission geprägt", sagt Burgard, "und es gibt hier eine ganz, ganz tiefe, besondere Frömmigkeit". Das sei in den Schwesterkirchen nicht anders.

Trennend wirke für die Kirchen vor allem die Sprache, sagt Burgard. Denn obwohl im Alltag häufig Afrikaans und die Amtssprache Englisch ganz selbstverständlich gesprochen werden, sei es eben so, "dass jeder gerne Gottesdienste in seiner Sprache besucht". Trotzdem gibt es dreimal im Jahr die "Unity Sundays". An diesen Gemeinschaftssonntagen gibt es Partnerschaftsgottesdienste, in denen man sich trifft und gemeinsam ins Gespräch kommt, in allen drei Sprachen.

Zum ersten Mal feiert Pastor Burgard den "Unity Sunday" am 31. August als Farmgottesdienst unter freiem Himmel. Das ZDF strahlt die Feier als Fernsehgottesdienst am 8. September aus. "Wir feiern diesen Gottesdienst an der Steinkanzel auf Ghaub unter den Bäumen. Und wir laden die Mitglieder unserer Schwesterkirchen aus Tsumeb ein, die mit Bussen dorthin kommen", erzählt der Pfarrer. "Wir werden auf Stühlen sitzen, einfach im Freien, die Natur und den Gottesdienst genießen" - in der wunderschönen, weiten Landschaft Namibias.