In rasendem Galopp dem Ball hinterher

Evangelische Jugendhilfe in Wiesbaden bietet Horseball-Training an

22. Juli 2013

Horseball-Training in Wiebaden

Freitagnachmittag in der Reithalle am Campus Klarenthal in Wiesbaden. Es duftet nach frischem Heu und Sägespänen. Lucia, Vanda und Yvonne drehen mit ihren Pferden "Tadgh", "Momo" und "Captain Medoc" Aufwärmrunden. Nach etwa 20 Minuten bringt Trainer Thomas Papageorgiou den Horse-Ball ins Spiel: fußballgroß, mit sechs Lederschlaufen versehen. Die drei Mädchen reiten Formation, passen sich das Spielgerät zu und schleudern es in Dirk-Nowitzky-Manier in einen Korb.

Wenn der Ball einmal doch im Sand landet, muss er von den Jugendlichen im Sattel sitzend vom Boden aufgenommen werden. "Das ist eine der schwierigsten Lektionen überhaupt", erklärt der 25-jährige Trainer und Physiotherapeut Papageorgiou. Trotzdem schaffen es die 14-Jährigen Vanda und Lucia sowie die 19-jährige Yvonne mit Geschick und Biss immer wieder, den Ball im Spiel zu halten. Zum Trainingsabschluss üben die drei die Verteidigung, das sogenannte Blocken. "Das Abdrängen eines Pferdes ist für mich die anstrengendste Übung beim Horseball", sagt Vanda und wischt sich den Schweiß von der Stirn.

Horseball kommt aus Frankreich, ist eine Mischung aus Rugby und Basketball und weniger elitär und kostspielig als Polo. Ein Spiel teilt sich in zwei Halbzeiten von je zehn Minuten. Zwei Teams zu je sechs Spielern kämpfen gegeneinander. In vollem Galopp wird der Ball aufgehoben, hin und her gepasst und schließlich in den Korb versenkt, der einen Durchmesser von einem Meter hat.

Organisiert wird das wöchentliche Horseballtraining seit drei Jahren von der Jugendhilfe des Evangelischen Vereins für Innere Mission in Wiesbaden. Der Umgang mit den Pferden bereite den Teenies große Freude und stärke ihr inneres Gleichgewicht, begründet Abteilungsleiter Martin Weber. Sie entdeckten dabei eigene Ressourcen wie Mut und Selbstvertrauen und trainierten Fürsorglichkeit, Aufmerksamkeit und Verantwortungsgefühl.

Nach der Trainingseinheit sind die Mädchen vollkommen platt, aber glücklich. "Ich mag beim Horseball vor allem das Galoppieren in der Gruppe", erzählt Lucia, die gerade in die zehnte Klasse der reformpädagogischen Gemeinschaftsschule Campus Klarenthal versetzt wurde. Die künftige Achtklässlerin Vanda lebt in einer Einrichtung der Jugendhilfe und liebt an dem Teamsport vor allem die "Action". Angst kennen die beiden nicht, denn sie können sehr gut reiten. Auf Lucias Wochenplan stehen zweimal Dressur, einmal Springreiten und einmal Horseball, bei Vanda kommt noch das Westernreiten hinzu.

Der inklusive Ansatz sei wichtig, sagt Martin Weber: Die Dressur, das Voltigieren, Springen und auch die Horseball-Stunden richteten sich an alle Wiesbadener im Alter von zwei bis 21 Jahren. "Ohne unsere Pferdeangebote hätten sich Vanda und Lucia sicher nicht kennengelernt."

Für Horseball braucht man gutes reiterliches Können, Reaktionsschnelligkeit und eine gehörige Portion Akrobatik, sagt Trainer Pageorgiou. Und natürlich geduldige Tiere, wie es der dunkelbraune, 14-jährige Ire "Tadgh", der 13-jährige Oldenburger Schecke "Captain Medoc" und der neun Jahre alte Haflinger "Momo" zweifelsohne sind. "Geeignet sind für diesen Sport im Grunde genommen alle Pferde", sagt der Reitlehrer, "sie müssen nur eine Dressurgrundausbildung haben und dürfen nicht treten und beißen".

Papageorgiou selbst spielt seit mehreren Jahren im ältesten und erfolgreichsten deutschen Horseball-Team, der Reitergruppe (RG) Wiesbaden, die aus Mangel an Gegnern immer wieder ins benachbarte europäische Ausland ausweichen muss. Auch die sechs Mädchen aus Papageorgious Trainingsgruppe haben das Ziel, einmal für die RG Wiesbaden international an den Start zu gehen. Vanda war schon auf einem Internationalen Turnier in Österreich dabei. Daran erinnert sie sich gern: "Wir haben nämlich gewonnen!" (epd)