„Flüchtlinge müssen mit ihren Familien zusammen sein“

Diakonie und evangelische Kirchen in Hessen: Recht auf Familienzusammenführung hat herausragende Bedeutung / Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland gefordert

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

20. Juni 2016

„Der Grundsatz der Einheit der Familie und das Recht auf Familiennachzug haben für Diakonie und Kirche eine herausragende Bedeutung. Umso mehr besorgt es uns, dass dieses Recht zunehmend ausgehöhlt wird“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Hessen, Pfarrer Horst Rühl, anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni. Unisono weist die Diakonie mit den beiden evangelischen Kirchen in Hessen darauf hin, dass es hier um ein „Grundrecht“ gehe: „Wer als Flüchtling anerkannt ist, hat das Recht, seine Familie auf eigene Kosten nachzuholen“, betonen der Vorstandsvorsitzende der Diakonie in Hessen, Horst Rühl, der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Dr. Volker Jung, und der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Dr. Martin Hein, gemeinsam. Diakonische und kirchliche Beratungsstellen sehen sich zunehmend verzweifelten Menschen gegenüber, „die große Angst um ihre Angehörigen haben und angesichts immer neuer Hürden beim Familiennachzug den Mut verlieren. Wir sprechen hier von einem Grundrecht “, sagt Horst Rühl.

Für Flüchtlinge wird es zunehmend schwerer, ihre Familie nachzuholen. Kirchenpräsident Dr. Volker Jung sagt dazu: „Oft dauert es viele Monate, bis überhaupt ein Asylantrag von der Behörde angenommen wird, ganz zu schweigen von der weiteren Bearbeitungsdauer. Dass Familien deswegen über Monate und nicht selten über Jahre hinweg getrennt bleiben, ist menschlich eine Katastrophe und behindert die Integration. Flüchtlinge müssen mit ihren Familien zusammen sein können.“ Manchen nütze aber bei der Familienzusammenführung noch nicht einmal die Anerkennung als Flüchtling. Tausende Schutzsuchende, die in Deutschland Familienangehörige haben, seien in Griechenland gestrandet, so der Kirchenpräsident. Bischof Dr. Martin Hein erinnert zudem daran, dass sich Deutschland im vergangenen Jahr verpflichtet hat, insgesamt 27.500 solcher Flüchtlinge aus Griechenland und Italien im Rahmen eines europäischen Umsiedlungsverfahrens aufzunehmen. „Dass davon gerade mal 57 Personen tatsächlich angekommen sind, ist skandalös. Deutschland kann und muss jetzt schnell und unbürokratisch Transitflüchtlinge aus Griechenland aufnehmen“, so der Bischof.

Der Diakonie-Vorstandsvorsitzende weist darauf hin, dass durch eine veränderte Anerkennungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge derzeit ein weiteres Hindernis für den Familiennachzug errichtet werde. Seien im letzten Jahr noch nahezu 100 Prozent aller schutzsuchenden Syrer als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt, so ändere sich dies seit April dieses Jahres. Immer öfter erhalten nun syrische Flüchtlinge nur noch einen eingeschränkten Schutzstatus, den sogenannten subsidiären Schutz, der nach neuer Rechtslage den Familiennachzug für zwei Jahre unmöglich macht.

Erhebliche Probleme stellt die Diakonie Hessen zudem bei den deutschen Auslandsvertretungen fest, bei denen Familienangehörige ein Visum beantragen müssen. Rühl: „Die Bearbeitung der Visumsanträge erfolgt sehr schleppend und nur bei wenigen Auslandsvertretungen, die für die Betroffenen oft schwer erreichbar sind.“ Bei den deutschen Botschaften in der Türkei, in Jordanien und im Libanon warteten Familienangehörige viele Monate, nicht selten auch mehr als ein Jahr auf einen Termin. In letzter Zeit bekämen Betroffene und Mitarbeitende in diakonischen Beratungsstellen nicht einmal mehr eine Antwort, wenn sie nach einem Termin fragen. „Diese Hürden für den Familiennachzug müssen dringend beseitigt werden. Das Recht auf Familiennachzug darf nicht nur auf dem Papier stehen, es muss auch wahrgenommen werden können“, so Rühl abschließend.

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau